Frankfurt (Reuters) - Die sich eintrübenden Konjunkturaussichten hinterlassen bei den Großbanken in Europa erste Spuren. Zwar präsentierten das spanische Geldhaus Santander, Unicredit aus Italien und die britischen Finanzinstitute Barclays und Standard Chartered am Mittwoch Gewinnzuwächse für das dritte Quartal, die zum Teil deutlich über den Erwartungen der Analysten lagen. Sie profitierten dabei von höheren Zinsen im Kreditgeschäft und von starken Handelsgeschäften im Zuge der Börsenschwankungen. Doch wie bei den US-Konkurrenten wurden die Ergebnisse bei einigen Banken von höheren Rückstellungen für mögliche Kreditausfälle belastet. Denn das Geschäftsumfeld hat sich wegen des anhaltenden Ukraine-Krieges, der hochschießenden Inflation und Rezessionssorgen merklich verschlechtert.

Spaniens größte Bank Santander erzielte von Juli bis September dank eines starken Kreditgeschäfts einen Nettogewinn von 2,42 Milliarden Euro - ein Plus von elf Prozent binnen Jahresfrist. Die Erträge nahmen um 13 Prozent zu, dabei kletterten die Nettozinserträge sogar um 19 Prozent. Santander bekräftigte die Ziele für das Gesamtjahr. Doch der massive Inflationsanstieg und die sich eintrübende Konjunktur bereiten Sorgen. "Wir gehen davon aus, dass das konjunkturelle Umfeld herausfordernd bleiben wird, da sich die Märkte in ganz Europa und Nordamerika an Inflationsniveaus anpassen, die es seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben hat", erklärte Verwaltungsratchefin Ana Botin. Das Geldhaus erhöhte seine Rückstellungen für Kreditrisiken um 24 Prozent auf 2,76 Milliarden Euro.

Die Zeichen einer drohenden Rezession hatten bereits die großen US-Rivalen zu höheren Rückstellungen genötigt. Noch vor einem Jahr hatten sie wegen des damaligen Konjunkturaufschwungs Rückstellungen im Milliardenhöhe aufgelöst. Die vier Großbanken JP Morgan, Citigroup, Morgan Stanley und Wells Fargo meldeten allesamt deutliche Gewinneinbrüche für das dritte Quartal, insbesondere in Folge eines schwachen Investmentbank-Geschäfts.

HANDELSBOOM LÄSST GEWINN VON BARCLAYS STEIGEN

Die britische Großbank Barclays profitierte im dritten Quartal von starken Geschäften im Anleihehandel. Der Vorsteuergewinn kletterte auf zwei Milliarden Pfund von 1,9 Milliarden Pfund vor Jahresfrist. In der Sparte Anleihen, Währungen und Rohstoffe (FICC) verdoppelte der Finanzkonzern seine Erträge binnen Jahresfrist auf 1,6 Milliarden Pfund. Zur Vorsorge für mögliche Kreditverluste verbuchte Barclays allerdings insgesamt 722 Millionen Pfund an Aufwendungen in den ersten neun Monaten, davon allein 381 Millionen Pfund im dritten Quartal.

Beim heimischen Rivalen Standard Chartered schlugen sich die steigenden Zinsen in höhere Gewinne nieder. Das hauptsächlich in Schwellenländern aktive Institut baute seinen Vorsteuergewinn im dritten Quartal um 40 Prozent auf 1,39 Milliarden Dollar aus. Aber auch bei Standard Chartered stiegen die Belastungen für faule Kredite. Im dritten Quartal haben sie sich auf 227 Millionen Dollar sogar mehr als verdoppelt. Darin waren allein 130 Millionen Dollar wegen des Engagements in chinesischen Gewerbeimmobilien enthalten. Die Bank erzielt den Großteil ihrer Einnahmen in Asien.

In Italien meldete Unicredit, die zweitgrößte einheimische Bank nach Intesa Sanpaolo, für das Sommerquartal einen Gewinnsprung von 62 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro. Analysten hatten mit deutlich weniger gerechnet. Der Mutterkonzern der Münchner HVB profitierte von den höheren Zinsen sowie von unerwartet geringen Kreditausfällen. Für das Gesamtjahr erwartet Unicredit nun einen Gewinn von mehr als 4,8 Milliarden Euro. Zuletzt hatte die Bank noch vier Milliarden Euro angesteuert. Anders als bei den europäischen Rivalen sanken bei Unicredit zudem die Rückstellungen für mögliche Kreditverluste im Vergleich zum Vorjahr.

(Bericht von Valentina Za, Lawrence White, Iain Withers, Anshuman Daga, Jesús Aguado, Frank Siebelt, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)