München (Reuters) - Wenige Wochen nach Zurich verkauft auch der französische Versicherungsriese AXA einen Teil seines Altbestandes an traditionellen Lebens- und Renten-Policen in Deutschland an einen Abwickler.

900.000 Versicherungsverträge der ehemaligen DBV-Winterthur, die in den Jahren bis 2013 abgeschlossen worden waren, gehen für 660 Millionen Euro an die Wiesbadener Athora Leben, wie AXA am Freitag mitteilte. Die Franzosen wollen mit dem Verkauf ihr Lebensversicherungs-Geschäft weniger abhängig von Finanzmarkt-Risiken machen. Langfristige Zinsgarantien - bei dem nun verkauften Portfolio im Schnitt 3,2 Prozent - belasten die Bilanz, weil ein Versicherer dafür viel Kapital zurücklegen muss.

Hinter den nun verkauften Verträgen stehen Kapitalanlagen von rund 16 Milliarden Euro. Das Neugeschäft unter der Marke DBV-Winterthur Leben, die 2006 von AXA übernommen worden war, hatte AXA 2013 eingestellt. Sie erwirtschaftete damit aber bisher noch rund ein Fünftel ihrer Beitragseinnahmen in der Lebens- und Rentenversicherung. AXA verkauft - wie die meisten Lebensversicherer in Deutschland - fast nur noch Produkte ohne lebenslange Garantien. "Mit kapitalmarktnahen Lösungen haben wir schon heute genau die Angebote, die den Kundenanforderungen und regulatorischen Ansprüchen gerecht werden", sagte Deutschland-Chef Thilo Schumacher. "Die geplante Veräußerung ermöglicht es uns, diesen Weg konsequent fortzusetzen."

Der Finanzchef des Pariser Konzerns, Frédéric de Courtois, sprach von einem "Meilenstein". AXA hatte sich vorgenommen, die Rückstellungen für traditionelle Garantien konzernweit um 30 bis 50 Milliarden Euro zu reduzieren. Mit dem Verkauf in Deutschland seien 24 Milliarden Euro geschafft. Den Aktionären stellte de Courtois aus dem Erlös einen Aktienrückkauf in Aussicht.

AXA werde den neuen Eigentümer Athora noch bis 2028 bei der Kapitalanlage und der Abwicklung der Policen unterstützen, hieß es in der Mitteilung. Die Athora Holding sitzt auf Bermuda und hat sich auf den Aufkauf und die Abwicklung von Versicherungs-Altbeständen in Europa spezialisiert. Dahinter steckt maßgeblich der US-Finanzinvestor Apollo. In Deutschland verwaltet Athora bisher aber nur rund 200.000 Policen der ehemaligen Delta Lloyd. Mit der Übernahme des AXA-Bestandes kann das Unternehmen sein Portfolio in etwa vervierfachen.

Abwickler wie Athora oder die Konkurrenten Frankfurter Leben und Viridium profitieren vor allem von Größenvorteilen, wenn sie mehrere Bestände verwalten. Den Löwenanteil solcher "Run-off"-Portfolien hat Viridium gesammelt, darunter mit der ehemaligen Generali Leben dem mit Abstand größten, der bisher zum Verkauf stand. Erst im Juni hatte sich das Unternehmen, hinter dem der Finanzinvestor Cinven und die Hannover Rück stehen, 720.000 Policen von Zurich Deutscher Herold mit einem Volumen von 21 Milliarden Euro einverleibt. Aus dem Verkaufsprozess bei AXA hatte sich Viridium zurückgezogen.

Auch der Branchenverband GDV sieht Vorteile im Verkauf von Versicherungs-Altbeständen: "Eine spezialisierte Plattform kann Synergien nutzen, wenn mehrere kleine Bestände zu einem großen zusammengeführt werden", sagte Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. "Abgebende Unternehmen erhalten mehr Spielraum für ihren künftigen Auftritt am Markt. Und die Kundinnen und Kunden können von niedrigeren Kosten profitieren."

(Bericht von Alexander Hübner, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)