Berlin (Reuters) - Der Online-Gebrauchtwagenhändler Auto1 kann das rasante Wachstumstempo im laufenden Jahr nicht halten.

Für 2022 werde mit einem Umsatzplus von mindestens 19 Prozent und maximal 42 Prozent gerechnet, teilte das in Berlin ansässige Unternehmen am Mittwoch mit. "Aktuell sind wir auf einer unebenen Straße unterwegs. Wir sehen uns mit stark steigenden Gebrauchtwagenpreisen konfrontiert und der Krieg in der Ukraine sorgt dafür, dass sich die Menschen verstärkt Sorgen machen, was sich eben in Teilen auch auf die Nachfrage zumindest in Osteuropa auswirkt", sagte Firmenchef Christian Bertermann der Nachrichtenagentur Reuters. Im vergangenen Jahr waren die Erlöse noch um 69 Prozent auf 4,8 Milliarden Euro geklettert und lagen damit über der im November angehobenen Prognose. Im vierten Quartal reichte es sogar zu einem Plus von 99 Prozent.

Am Aktienmarkt kam der Ausblick nicht gut an. Nach anfänglichen Gewinnen drehte das Papier deutlich ins Minus und verlor mehr als 16 Prozent auf unter zehn Euro. "Der Rückgang unseres Aktienkurses spiegelt nicht die Entwicklung des Unternehmens wider", sagte Bertermann, dessen Firma erst kürzlich in den Kleinwerteindex SDax abgestiegen war. Das Unternehmen - für die Plattform "wirkaufendeinauto.de" bekannt - ist erst seit Februar 2021 an der Börse, der Ausgabepreis hatte 38 Euro betragen. Ein Händler sagte angesichts der hohen Spritpreise: "Mit der Gesamtsituation wackelt auch ein bisschen das Geschäftsmodell."

"Mit dem Anstieg der Benzinpreise ist die Suche nach Elektroautos sprunghaft in die Höhe geschnellt", sagte der Auto1-Chef. "Das E-Auto-Segment wächst aber schon seit einiger Zeit sehr stark." Insgesamt schlug Auto1 im vergangenen Jahr 596.731 Wagen los und damit 31 Prozent mehr als im Vorjahr. Das Autohero-Geschäft - der Verkauf von Autos an Privatkunden - stieg dabei überproportional stark. "Die Mehrzahl der Kunden, die ein Auto online gekauft haben, wollen auch ihren nächsten Wagen wieder im Netz kaufen. Die Zukunft in unserem Markt ist das Online-Geschäft", sagte Bertermann, der dieses Jahr zwischen 650.000 und 770.000 Fahrzeuge veräußern will.

Das Rohergebnis stieg 2021 um 51 Prozent auf 431 Millionen Euro und soll dieses Jahr zwischen 470 und 580 Millionen Euro liegen. Der bereinigte Betriebsverlust (Ebitda) weitete sich im vergangenen Jahr allerdings wegen des teuren Investitionskurses - unter anderem in Werkstätten - auf 107,1 Millionen Euro aus von 15,2 Millionen 2020. Unter dem Strich wird das Unternehmen wegen hoher Investitionen - unter anderem in gläserne Auslieferungstrucks, das Personal und Marketingausgaben - weiter Verluste schreiben. Die bereinigte Ebitda-Marge soll 2022 zwischen minus 2,0 und minus 3,0 Prozent liegen. Wie niedrig die Marge 2021 war, dürfte erst zur Veröffentlichung des Geschäftsberichts am 8. April klar sein.