FRANKFURT (dpa-AFX) - Die kostspielige Übernahme von US-Konkurrent Atmel scheint endgültig vom Tisch - und die Aktionäre von Dialog Semiconductor hatten am Freitag zumindest anfangs Grund zum Feiern.

Nach einem Sprung von über 9 Prozent auf 29,515 Euro zollte die Aktie des deutschen Chipherstellers allerdings dem abrutschenden Gesamtmarkt Tribut. Zuletzt verlor sie 1,19 Prozent auf 26,680 Euro, was nur noch für einen Platz im oberen Drittel des sehr schwachen Technologiewerte-Index TecDax reichte. Das Papier hatte zudem bereits am Mittwoch mit Kursen von über 30 Euro auf die Nachricht reagiert, dass Atmel die Offerte des amerikanischen Interessenten Microchip Technology als attraktiver eingestuft hatte.

'AKQUISITION WÄRE VIEL ZU TEUER FÜR DIALOG GEWORDEN'

"Diese Akquisition wäre viel zu teuer für Dialog geworden", sagte am Freitag DZ-Bank-Analyst Harald Schnitzer - stellvertretend für etliche Börsianer, welche sich seit Bekanntwerden der Zukaufpläne gesorgt hatten, der deutsche Chiphersteller könnte einen zu hohen Preis zahlen. Nun gab Dialog bekannt, im Bieterkampf mit Microchip Technology sein Angebot nicht aufstocken zu wollen.

Bisher sei der deutsche Chiphersteller sehr erfolgreich in seinen Märkten, betonte DZ-Experte Schnitzer. Er vertraut darauf, dass Dialog weiter wachsen wird. Strategisches Ziel bleibe es, die hohe Abhängigkeit vom iPhone-Hersteller Apple zu verringern. Nun könne Dialog in Ruhe nach anderen, günstigeren Übernahmekandidaten Ausschau halten. Schnitzer blieb bei seiner Kaufempfehlung für die Aktie mit einem fairen Wert von 40 Euro.

DIALOG PROFITIERT VON VERTRAGSSTRAFE

Seit Oktober sei der Börsenwert von Dialog um eine Milliarde Euro gesunken, rief Commerzbank-Analyst Thomas Becker in Erinnerung. Die Hälfte der Verluste führt er auf die Zukaufpläne zurück. Die von Atmel zu zahlende Vertragsstrafe von gut 137 Millionen US-Dollar für das Scheitern der Übernahme werde dem Dialog-Aktienkurs zugute kommen. Ähnlich äußerte sich Beckers Kollege Mitch Steves vom Analysehaus RBC Capital: Er sieht die Barmittel des deutschen Halbleiterkonzerns dadurch um nahezu 30 Prozent steigen.

Becker warnte allerdings auch vor Gefahren durch die abgeblasene Atmel-Übernahme. So könnte das Dialog-Management frustriert sein, weil nach der im Sommer 2014 gescheiterten Fusion mit dem österreichischen Branchenkollege AMS nun auch die zweite Transaktion missglückt sei. Bei einem Treffen habe er allerdings den Eindruck gewonnen, dass die Unternehmensführung weitermachen wolle. Weitere Unsicherheitsfaktoren sind für Becker potenzielle andere Zukaufpläne - diese müssten allerdings nicht zwingend negativ für Dialog sein - sowie ein im ersten Halbjahr 2016 wohl schwaches Smartphone-Geschäft.

MICROCHIP-OFFERTE HAT DEUTLICH HÖHERE BARKOMPONENTE

Dialog hatte für den bereits im September 2015 anvisierten, damals 4,6 Milliarden US-Dollar teuren Atmel-Deal bereits die Zustimmung seiner Aktionäre erhalten. Der Kaufpreis bewertete Atmel mit 10,42 Dollar je Aktie - je Anteilsschein sollten die Aktionäre des US-Unternehmens 4,65 Dollar und 0,112 Anteile an einem Wertpapier von Dialog Semiconductor ("American Depository Share") erhalten. Damals war die Dialog-Aktie mit rund 45 Euro allerdings deutlich mehr wert gewesen als aktuell.

Die jüngste Microchip-Offerte beläuft sich zwar nur auf 8,15 Dollar je Atmel-Aktie, beinhaltet aber eine mit 7,00 Dollar deutlich höhere Barkomponente und wurde vom Atmel-Management als besseres Angebot bezeichnet./gl/das