Brüssel (Reuters) - Die Europäische Union macht wegen Lieferproblemen Druck bei AstraZeneca.

Der britische Pharmakonzern müsse einen Weg finden, um zügig seinen Covid-19-Impfstoff liefern zu können. "Wir erwarten, dass das Unternehmen Lösungen findet", sagte ein Sprecher der Europäischen Kommission am Montag. Hintergrund sind Lieferprobleme bei AstraZeneca, die das Unternehmen Ende vergangener Woche eingeräumt hatte. Reuters hatte von einem hochrangigen EU-Vertreter erfahren, dass die Lieferungen dadurch im ersten Quartal mit 31 Millionen Impfdosen rund 60 Prozent niedriger ausfallen als geplant.

Vertreter des Pharmakonzerns mussten am Montag deshalb vor der EU-Kommission erklären, warum es bei der vereinbarten Lieferung zu Verzögerungen kommt. In einem Telefonat mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen erklärte Vorstandschef Pascal Soriot einem Konzernsprecher zufolge, AstraZeneca unternehme alles, um seinen Impfstoff so schnell wie möglich in der EU. Der Staatenbund hatte sich im vergangenen August bis zu 400 Millionen Dosen des AstraZeneca Impfstoffs vertraglich gesichert. Einem EU-Vertreter zufolge kassierte der Konzern dafür eine Vorauszahlung von 336 Millionen Euro.

Schon die Partner Pfizer und Biontech hatten Lieferschwierigkeiten bei ihrem Covid-19-Impfstoff eingestanden und schicken in dieser Woche weniger als zugesagt. Das hatte ebenfalls für erheblichen Unmut gesorgt. Regierungskreisen zufolge steht der Vorwurf im Raum, dass der US-Konzern Pfizer seine Lieferungen für die EU, nicht aber für die USA gekürzt habe. Ähnliche Klagen gebe es gegen den britischen Konzern AstraZeneca - die EU-Staaten müssten mit weniger Impfstoff vorliebnehmen, die Lieferungen für Großbritannien seien aber offenbar nicht einschränkt.

EXPORTKONTROLLEN

Ein hochrangiger EU-Beamter sagte nun zu Reuters, die EU werde in den kommenden Tagen von Pharmaunternehmen verlangen, Covid-19-Impfstoffexporte zu registrieren. Sie habe zudem das Recht, die Bücher zu überprüfen, um Produktion und Lieferungen zu beurteilen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) plädierte dafür, dass die EU sich vor allem selbst Impfstoff sichern müsse: "Wir müssen als EU wissen können, ob und welche Impfstoffe aus der EU ausgeführt werden", sagte er in Berlin. "Nur so können wir nachvollziehen, ob unsere EU-Verträge mit den Herstellern fair bedient werden. Eine entsprechende Pflicht zur Genehmigung von Impfstoff-Exporten auf EU-Ebene macht Sinn."

Es wird davon ausgegangen, dass der AstraZeneca-Impfstoff am Freitag in der EU zugelassen wird. Erste Lieferungen werden ab dem 15. Februar erwartet. In anderen Ländern hat der Impfstoff bereits Notfallgenehmigungen erhalten, in Großbritannien schon Ende Dezember. Die Produktionsengpässe betreffen ein Werk des AstraZeneca-Partners Novasep in Belgien. Offenbar gibt es aber auch andernorts Probleme: Der australische Gesundheitsminister Greg Hunt erklärte, AstraZeneca habe gegenüber dem Land einen "erheblichen Versorgungsschock" eingeräumt, weshalb die Lieferungen im März niedriger als vereinbart ausfallen würden. Thailand erhält nach Angaben des Gesundheitsministeriums nur 150.000 statt der geplanten 200.000 Dosen und weit weniger als die ursprünglich angefragten eine Million Dosen. AstraZeneca wollte sich dazu nicht äußern.