Von Dan Gallagher

AMSTERDAM (Dow Jones)--ASML hat die beste Position in einer launenhaften Branche. Ein schwaches Jahr oder auch zwei sind kein Grund für den niederländischen Hersteller von Anlagen für die Chipfertigung, seine ambitionierten Expansionspläne zu begraben.

Die Geschäfte laufen für Produzenten von Halbleiteranlagen derzeit nicht gut - oder werden erst einmal nicht gut laufen. Chiphersteller fahren ihre Investitionspläne zurück, während sie mit einer schwachen Nachfrage aus wichtigen Märkten wie PCs und Smartphones zu kämpfen haben. Auch der einst heiße Markt für Datenzentren kühlt sich etwas ab. Der Verband Semi prognostizierte Ende September, dass sich die Investitionen in Chipherstellungsanlagen dieses Jahr auf 99 Milliarden US-Dollar summieren werden. Das wäre ein Rekord, läge aber 16 Prozent unter der Prognose von drei Monaten zuvor. Für 2023 wird ein Rückgang um 2 Prozent vorhergesagt.

Damit scheint es ein ungewöhnlicher Zeitpunkt für ein Unternehmen wie ASML zu sein, seine Produktionspläne hochzufahren. Bei einer Analystenkonferenz am Freitag prognostizierte der Konzern, dass die Investitionen bis 2025 rund 1,5 Milliarden Euro erreichen würden. Das wären 50 Prozent mehr als das vor einem Jahr ausgegebene Ziel. Mit dem Geld will das Unternehmen einen signifikanten Ausbau der Produktionskapazitäten finanzieren. ASML plant nun, 2025 rund 90 Einheiten seiner EUV-Lithographie-Anlagen herzustellen, 50 Prozent mehr als das für das nächste Jahr geplante Produktionsvolumen.


   Anlagen von ASML sind hochspezialisiert und einzigartig 

Diese Prognose ist besonders bemerkenswert, wenn man bedenkt, wie schwierig diese Anlagen herzustellen sind. EUV steht für extremes ultraviolettes Licht, das die Laser antreibt, die die Strukturen auf die Siliziumscheiben ätzen. Die Strukturen, die EUV-Anlagen produzieren können, erlauben es den Chipherstellern, kleinere Prozessoren zu fertigen, die weniger Energie verbrauchen. Das ist der Schlüssel, damit die Hersteller ihre Designs weiter voranbringen können, da Prinzipien wie das Mooresche Gesetz an ihre physikalischen Grenzen stoßen. Aber auch ASML hat mit natürlichen Grenzen zu kämpfen. Allein die Linsen für die EUV-Anlagen kommen von einem einzelnen Lieferanten, und ihre Herstellung kann bis zu zwölf Monate dauern.

Eine radikale Vergrößerung der Produktionskapazität ist damit nicht einfach und nicht ohne Risiko in einem hochgradig schwankungsanfälligen Markt. Aber ASML hat einige große Vorteile. Der Konzern ist der weltweit einzige Hersteller von EUV-Lithographie-Anlagen, und diese sind lebenswichtig für Chiphersteller wie Taiwan Semiconductor Manufacturing, Intel und Samsung, um wettbewerbsfähig zu bleiben am oberen Ende des Marktes. Selbst Chiphersteller, die ihre Investitionen an anderer Stelle zurückfahren, werden kaum ihre Bestellungen bei ASML stornieren. Denn dann besteht die Gefahr, dass sie sich in Zukunft wieder hinten anstellen müssten. Der Auftragsbestand der Niederländer hat aktuell ein Volumen von 38 Milliarden Dollar, das entspricht dem Umsatz von knapp zwei Jahren.

ASML hat auf der Analystenveranstaltung ebenfalls mitgeteilt, dass neue Exportrestriktionen, die den Verkauf von hochentwickelten Chip-Anlagen nach China begrenzen, nur minimale Auswirkungen haben werden. Denn die Nachfrage nach den Systemen sei global "mehr als ausreichend" und übertreffe das Angebot. Tatsächlich könnte die zunehmende Politisierung des Chipgeschäfts dem Unternehmen noch Rückenwind geben, da die USA und Europa in den Aufbau heimischer Halbleiterindustrien investieren.


   Analysten sind begeistert, Aktie steigt 

Die Analysten sehen ASMLs Prognosen deshalb als risikoarm an. Analyst Pierre Ferragu von New Street Research schrieb, ASML sei eines der weniger Unternehmen "mit einer Visibilität und einer Wettbewerbsposition, die notwendig ist, um in der Lage zu sein, solch einen Ausblick abzugeben". Mehdi Hosseini von Susquehanna erhöhte die Einstufung für die Aktie auf positiv. Er meint, dass die Langfristigkeit des Geschäfts dazu beiträgt, dass das Unternehmen die drohende Rezession im kommenden Jahr gut überstehen wird.

Bis Montagabend hat die ASML-Aktie um 17 Prozent zugelegt seit der Veröffentlichung des langfristigen Ausblicks am Donnerstag. Davor hatte sich die Aktie am Halbleiterindex PHLX orientiert, der zuletzt um 37 Prozent eingebrochen ist.

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November 15, 2022 11:05 ET (16:05 GMT)