Von Rochelle Toplensky

LONDON (Dow Jones)--Der 4,1 Milliarden US-Dollar schwere Biokraftstoff-Deal von BP ist strategisch sinnvoll. Er hat aber auch einen hohen Preis, der an die Tage der Übernahme-Zweckgesellschaften (Spac) erinnert. Der britische Öl- und Gasriese kauft Archaea Energy, einen führenden US-Hersteller von so genanntem erneuerbarem Erdgas, einer umweltfreundlicheren Version des Kraftstoffs, da es aus Abfällen gewonnen und nicht aus dem Boden gepumpt wird. Die Übernahme erweitert das Geschäft von BP bei den neuen Energien, und es könnten sich Synergien aus den sich ergänzenden Kompetenzen der beiden Unternehmen ergeben - im Falle von BP im Energiehandel und im Falle von Archaea in der Gasproduktion.

Allerdings ist die Bewertung eine Hausnummer. Die 3,3 Milliarden Dollar Barmittel, die BP auf den Tisch legt, ergeben zusammen mit der Nettoverschuldung von Archaea in Höhe von 800 Millionen Dollar einen sehr hohen Unternehmenswert. Er ist fast viermal so hoch ist wie die 1,15 Milliarden Dollar, die für die Gruppe gezahlt wurden, als sie im vergangenen Jahr von einem Spac aufgekauft wurde. Archaea hat wirklich viel erreicht, aber dieser Preis ist trotzdem gesalzen.

Der zu Wochenbeginn angekündigte Deal verfolgt eine klare Logik. BP will die Gewinnspannen von Archaea erhöhen, indem die Menge der über Festpreisverträge verkauften Produkte reduziert und diese über seine Handelsabteilung an einen breiteren Kundenstamm verkauft werden. Das Management von Archaea, das voraussichtlich im Unternehmen verbleibt, bringt die Fähigkeiten mit, Standorte zu betreiben sowie neue Standorte in einem stark fragmentierten Rohstoffmarkt zu finden und zu entwickeln. Der Betrieb wird von BP, genauer der US-amerikanischen Abteilung von BP, kontrolliert, die durch ihr Schiefergeschäft über Erfahrung bei der Leitung kleinerer Projekte verfügt.


Erwartungen an Archaea sind enorm 

Der Übernahmepreis wird durch einen heroischen Geschäftsplan untermauert. BP geht davon aus, dass Archaea bis 2027 einen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) in Höhe von 1 Milliarde Dollar erwirtschaftet. Das wäre ein deutlicher Sprung im Vergleich zu dem für 2022 erwarteten EBITDA von 148 Millionen Dollar. Selbst bei einer prognostizierten Verfünffachung der Produktion in den nächsten acht Jahren wird es einen großen Schub durch Handelsoptimierung und möglicherweise sogar einige Technologie- oder Prozessverbesserungen geben müssen.

BP betont, dass der Konzern das Vierfache des für 2027 prognostizierten EBITDA gezahlt habe, aber die Bewertung beläuft sich auf etwa das 28-fache des Wertes von Archaea für 2022. Das ist zwar beachtlich, aber nicht nur BP erwartet ein rasantes Wachstum bei Biokraftstoffen. Montauk Renewables beispielsweise, ein weiteres börsennotiertes Unternehmen aus den USA, wird zu einem Unternehmenswert des 22,5-fachen EBITDA gehandelt.

Der Öl- und Gaskonzern verfügt über Barmittel, die er ausgeben kann, da er in der ersten Hälfte dieses Jahres einen operativen Cashflow von rund 19 Milliarden Dollar erwirtschaftet hat. Das Management erwartet, dass die Übernahme die Investitionsausgaben in den oberen Bereich der Spanne von 14 bis 15 Milliarden Dollar treibt, ohne dass sich an den Plänen für Rückkäufe und Dividenden etwas ändert. Zweifelsohne ist das eine gute Nachricht für die Anleger.

In einer Telefonkonferenz mit Analysten wies BP-Chef Bernard Looney den Vorschlag zurück, dass er statt Archaea Ölschieferanlagen kaufen sollte. "Ich bin mir nicht sicher, ob irgendjemand jemals Geld mit dem Kauf von Kohlenwasserstoffanlagen zu einem Ölpreis von 100 Dollar verdient hat." Wahrscheinlich hat er Recht, aber für umweltfreundlichere Kohlenwasserstoffe zu zahlen, ist vielleicht gar nicht so anders.

Kontakt zur Autorin: unternehmen.de@dowjones.com

DJG/DJN/axw/brb

(END) Dow Jones Newswires

October 18, 2022 10:18 ET (14:18 GMT)