Neben den bereits bekannten Sonderabschreibungen in den USA setzen den Österreichern auch die schwächere Nachfrage der Automobilindustrie, höhere Rohstoffkosten bei gleichzeitig niedrigen Stahlpreisen, Überkapazitäten in Europa sowie die Handelskonflikte und amerikanischen Strafzölle zu. Nachdem in den ersten neun Monaten des Bilanzjahres 2019/20 (per Ende März) ein Verlust von 160 Millionen Euro anfiel, stimmte Konzernchef Herbert Eibensteiner die Aktionäre am Donnerstag auf eine niedrigere Dividende ein. Für 2018/19 (per Ende März) wurden 1,10 Euro je Aktie gezahlt. Damals stand allerdings noch einen Gewinn von 281,3 Millionen Euro zu Buche.

Für die kommenden Monate gibt sich Eibensteiner verhalten optimistisch, da sich die Nachfrage zuletzt in einigen Bereichen stabilisiert habe. Für die Bahninfrastruktur erwartet er etwa bis weit in das nächste Geschäftsjahr eine positive Entwicklung. Und auch in der wichtigen Automotive-Sparte sei ein Nachholeffekt spürbar, "der uns das laufende Quartal begleiten wird", sagte Eibensteiner. Wie nachhaltig dies sein werde, könne er noch nicht sagen. Anleger an der Wiener Börse schöpften jedenfalls Hoffnung. Die Voestalpine-Papiere stiegen 2,1 Prozent auf 23,57 Euro.

Am bereits gesenkten Ausblick hält der Konzern fest: Für 2019/20 mit einem gerade noch positiven Betriebsgewinn (Ebit) sowie einem Ebitda von 1,2 Milliarden Euro gerechnet. Unsicherheiten würden sich in China wegen des Coronavirus ergeben, räumte Eibensteiner ein. Die wirtschaftlichen Folgen seien aber noch nicht einschätzbar. Über die weiteren Maßnahmen der chinesischen Behörden, etwa, ob die bis 9. Februar verhängten Betriebsferien verlängert würden, habe man keine Kenntnis, sagte Eibensteiner. Die Voestalpine erwirtschaftet in China mit 3000 Mitarbeitern und neun Werken einen Umsatz von 550 Millionen Euro. Gefertigt werden dort Autokomponenten, Werkzeugstahl und Weichen.

Betroffen ist die Voestalpine als Zulieferer auch vom Produktionsstopp des Boeing-Modells 737 Max. "Wir rechnen damit, dass wir in den nächsten Monaten die Produktion nicht aufnehmen werden", sagte Eibensteiner. Boeing zufolge wird das Flugverbot wohl nicht vor Mitte des Jahres aufgehoben. Das Modell 737 Max ist seit März aus dem Verkehr gezogen, nachdem bei zwei Abstürzen in Indonesien und Äthiopien innerhalb von fünf Monaten 346 Menschen ums Leben kamen.

ABSCHREIBUNGEN BELASTEN

Negativ belastet wurde vor allem das dritte Quartal, wo Sondereffekte von 360 Millionen Euro anfielen. Großteils ging es hier um Sonderabschreibungen beim Roheisenwerk in Texas oder dem Automotive-Werk in Georgia. Eibensteiner, der Anfang Juli das Ruder vom langjährigen Firmenchef Wolfgang Eder übernahm, musste deswegen im November bereits die zweite Gewinnwarnung verkünden. Gegensteuern will der Manager mit einem Kostensenkungsprogramm von rund 100 Millionen Euro, dessen voller Effekt im kommenden Geschäftsjahr wirksam werden solle.

Voestalpine produziert mit weltweit rund 50.000 Mitarbeitern unter anderem hochfeste Karosserieteile und Bleche, die sich in so gut wie jedem deutschen Premiumauto finden. Rund ein Drittel der Konzernerlöse werden mit der Automobilindustrie erzielt. Darüber hinaus fertigt der Konzern unter anderem auch Weichen für Hochgeschwindigkeitszüge oder Flugzeugteile.

Mit den genannten Problemen sind die Österreicher nicht alleine. Die gesamte Stahlbranche hat schon bessere Zeiten gesehen. Der weltweit größte Stahlkonzern ArcelorMittal legte am Donnerstag Ergebnisse vor und gab einen Jahresverlust von 2,5 Milliarden Dollar bekannt. Im Jahr davor wurde noch ein Gewinn von 5,1 Milliarden Euro erzielt. Für 2020 hofft der Vorstand auf einen höheren Stahlverbrauch in seinen Kernmärkten. Es gebe Anzeichen, dass sich die Nachfrageschwäche stabilisiert, teilte der Stahlriese mit. Für Europa wurde bereits früher die Stilllegung von Werken angekündigt. Auch ThyssenKrupp kündigte an, rund 2000 Jobs im Stahlbereich zu streichen.