CUPERTINO (dpa-AFX) - Zu Beginn der Corona-Krise war es schwer, deren Folgen abzuschätzen. Auch der iPhone-Hersteller Apple bekam die Lasten der Pandemie zu spüren, wenn auch nicht so stark wie andere Unternehmen. Doch als der erste Schock verdaut war, hob die Aktie ab.

WAS BEI APPLE LOS IST:

Als sich das Corona-Virus Anfang des Jahres ausbreitete, ging das auch am Technologieriesen Apple nicht folgenlos vorüber. Wie viele andere Konzerne musste der Smartphone-Hersteller Läden schließen, Lieferketten waren gestört, die Nachfrage vor allem auf dem chinesischen Markt ließ nach. Nachdem es in China auch noch zu wochenlangen Produktionsengpässen kam, begrenzte Apple den Verkauf des iPhones auf zwei Stück pro Kunden in seinem Online-Shop. Die Lage war wie bei vielen anderen Unternehmen: unsicher und von Vorsicht geprägt mit Blick auf das, was noch kommt.

So zog Konzernchef Tim Cook Mitte Februar auch die Umsatzprognose für das laufende Jahr zurück. Die Folgen der Corona-Pandemie zeigten sich dann vor allem in den Zahlen im iPhone-Geschäft: Im zweiten Geschäftsquartal (bis 28. März) sanken die Erlöse mit dem weltweit beliebten Smartphone um knapp sieben Prozent auf knapp 29 Milliarden Dollar. Auch mit Mac-Computern und iPad-Tablets nahm Apple weniger ein.

Alles in allem aber kam Apple ganz gut durch die Corona-Krise. Der Gesamtumsatz in vergangenen Jahresviertel lag zwar unter den ursprünglichen Erwartungen, aber wuchs dennoch im Vergleich zum Vorjahr. Den Ausschlag dafür gaben das Dienste-Geschäft etwa mit Apps und Streaming-Abos sowie sogenannte Wearables wie die Computer-Uhr Apple Watch und die AirPods-Ohrhörer.

Die Umsätze aus den iPhone-Verkäufen waren allerdings schon vor der Krise zurückgegangen. War das Aushängeschild des Konzerns früher noch für zwei Drittel der Erlöse verantwortlich, waren es zuletzt noch die Hälfte. Die Entwicklung geht schon länger dahin, dass sich Apple umorientiert und auch verstärkt auf Dienstleistungen setzt. Diese Strategie kam dem Konzern jetzt in der Krise zugute.

Bereits ab der zweiten April-Hälfte stieg die Nachfrage durch die gesamte Produktpalette laut Cook wieder an, der sich mit optimistischen Tönen zurückmeldete: Der Apple-Chef geht obendrein davon aus, im laufenden Quartal dank Home Office ein besseres Geschäft mit iPads und Macs zu machen - und dass nach der Krise mehr Menschen außerhalb des Büros arbeiten werden.

So gehen die von Bloomberg erfassten Analysten davon aus, dass Apple den Umsatz im laufenden Geschäftsjahr 2019/2020 (bis Ende September) nach der Delle im vergangenen Jahr trotz Corona-Krise steigern kann. Im Schnitt gehen sie für die zwölf Monate von einem Erlös von fast 265 Milliarden Dollar aus, nachdem der Umsatz im vergangenen Jahr wegen der sinkenden iPhone-Erlöse leicht auf 260 Milliarden Dollar gesunken ist.

In den Jahren danach rechnen die Experten dann mit weiter anziehenden Erlösen. So liegt der Schnitt der acht für das Geschäftsjahr 2021/2022 erfassten Prognosen bei 318 Milliarden Dollar. Beim Gewinn prognostizieren die Analysten nach einer Stagnation im laufenden Jahr bei 55 Milliarden Dollar einen Anstieg auf 67 Milliarden Dollar in den zwölf Monaten bis Ende September 2022.

Damit spielt das Unternehmen aus dem Silicon Valley in dieser Wertung unter den erfolgsverwöhnten US-Technologiekonzernen weiter in einer eigenen Liga - lediglich der Softwarehersteller und Cloudanbieter Microsoft kann Apple hier das Wasser einigermaßen reichen.

Neue Nahrung bekommen unterdessen die bereits seit längerem anhaltenden Spekulationen über einen Austausch der Intel-Chips in den Mac-Computern durch eigene Prozessoren: Zuletzt hieß es in Medienberichten, der Konzern wolle den Schritt bei seiner Entwicklerkonferenz WWDC in der kommenden Woche bekanntgeben. Bei der Veranstaltung gibt Apple traditionell einen Ausblick auf künftige Funktionen in der Software seiner Geräte - und stellt manchmal auch neue Hardware vor. Vom Konzern selbst gab es keine Angaben zu den WWDC-Plänen.

Gegenwind bekommt Apple derzeit von der EU-Kommission. Deren Wettbewerbshüter prüfen nach Beschwerden von Konkurrenten, ob der Konzern unfairen Wettbewerb in seinem App Store und beim Bezahlsystem Apple Pay betreibt. Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager hat zwei offizielle Verfahren eingeleitet.

Beispielsweise der Musikdienst Spotify hat sich in Brüssel über die Abgabe von 30 beziehungsweise 15 Prozent auf Abo-Einnahmen im App Store beschwert, die ihn demnach gegenüber Apples eigenem Angebot benachteilige. Apple Pay kritisierten Banken unter anderem, dass sie nicht an Apple vorbei auf den NFC-Chip zum kontaktlosen Bezahlen zugreifen können.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Erst jüngst hob das Analysehaus RBC das Kursziel für den Tech-Konzern aus dem Silicon Valley von 345 auf 390 US-Dollar an. Trotz des Höhenflugs der Aktie der vergangenen Wochen sei das Potenzial noch lange nicht ausgereizt.

Analyst Robert Muller begründet seine Zuversicht mit den Aktienrückkäufen des Konzerns. Die rund 70 Milliarden Dollar, die das Unternehmen jedes Jahr in eigene Aktien stecke, erlaube selbst bei keinerlei Wachstum aus eigener Kraft einen solide steigenden Gewinn je Aktie. Muller kommt in seinen Berechnungen auf 3,5 Prozent Plus im Jahr. Und das über fünf Jahre hinweg, sollte Apple nicht wachsen. Derart zurückhaltend ist Muller aber nur in Rechenspielen. Realistisch geht der Analyst von drei bis vier Prozent Umsatzwachstum bei Apple aus.

Noch optimistischer ist die US-Bank Citigroup, die das Kursziel gerade sogar von 310 auf 400 US-Dollar anhob. Analyst Jim Suva nennt in einer Studie fünf Gründe, warum die Papiere des iPhone-Konzerns aus seiner Sicht auch nach der Kursrally weiter steigen können. An erster Stelle steht die Einführung des neuen Mobilfunkstandards 5G. Der Analyst geht davon aus, dass der Konzern noch rechtzeitig zu Weihnachten neue 5G-Smartphones auf den Markt bringen dürfte. Dazu wachse Apple weiterhin stark mit Wearables.

Für die DZ Bank spricht auch die hohe Nettoliquidität für den Kauf der Aktie. Diese biete großen Spielraum für Übernahmen, höhere Dividenden, Aktienrückkäufe sowie beim Forschungs- und Entwicklungsbudget.

Von den im dpa-AFX-Analyser gelisteten Experten empfehlen 6 Analysten die Aktie zum Kauf, 4 würden das Papier zumindest halten. Nur einer der Analysten, die sich seit Beginn der Corona-Krise mit dem Konzern beschäftigt haben, stimmt derzeit für einen Verkauf der Aktie. Das durchschnittliche Kursziel aller Experten liegt bei etwa 315 Dollar.

Bei Bloomberg sind die Experten im Schnitt etwas optimistischer, sie sehen die Aktie im Schnitt bei 330 Dollar, die Tendenz bei den Empfehlungen bewegt sich in einem ähnlichen Rahmen: Die meisten sprechen sich für den Kauf des Papiers aus, nur sehr wenige raten dazu, die Aktie abzustoßen.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Die Corona-Krise hat nur eine kleine Delle im Kursverlauf hinterlassen, bevor sich der Technologiewert wieder zu neuen Höhen aufschwang.

Zunächst sah das aber ganz anders aus: Im Zuge des Corona-Crashs an den Börsen ging es auch für Apple deutlich bergab. Das Papier stürzte von rund 313 Dollar im Februar auf knapp 213 Dollar im März ab. Ende April galt die Aktie unter Börsianern sogar als Verlierer der Corona-Krise, und Amazon machte in puncto Börsenwert dem iPhone-Hersteller gar seinen Rang streitig.

Mittlerweile hat sich das Blatt wieder gewendet: Die Corona-Krise ist noch nicht ausgestanden und doch legte der Kurs in den vergangenen Wochen wieder eine rasante Rally hin und rannte von Rekord zu Rekord - ihr bisheriges Hoch erreichte sie zuletzt am 17. Juni bei 355,40 Dollar.

Seit dem März-Tief war der Kurs damit um fast 70 Prozent in die Höhe geschossen. Die Marktkapitalisierung des Konzerns liegt damit bei mehr als 1,5 Billionen Dollar. Damit ist Apple an der Börse mehr wert als alle 30 Dax-Konzerne zusammen.

Betrachtet man die Entwicklung innerhalb des vergangenen Jahres können sich Apple-Anleger über ein Plus von knapp 80 Prozent freuen. In den vergangenen drei Jahren hat sich der Wert des Papiers um rund 140 Prozent gesteigert - seit Juni 2010 summiert sich das Kursplus auf rund 800 Prozent./knd/tav/zb/mis