Von Laura Forman

NEW YORK (Dow Jones)--Bei den Beziehungen in der Werbebranche geht es meist um die Menschen, die sie pflegen. Aber wenn ein Konzern so groß wie Facebook ist, dreht es sich bei diesen Beziehungen gerade auch um Geld. Zuletzt erklärte Carolyn Everson, die Leiterin des globalen Werbevertriebs von Facebook, dass sie das Unternehmen nach mehr als einem Jahrzehnt verlässt. Erst vor ein paar Monaten hatte Facebooks Top-Werbungsführungskraft David Fischer in einem Facebook-Post angekündigt, dass er das Unternehmen noch in diesem Jahr verlässt.

Diese Abgänge haben einige dazu veranlasst, sich Sorgen über die Auswirkungen auf die Beziehungen zu den Werbekunden von Facebook zu machen. Vergangenes Jahr zum Beispiel spielte Everson eine zentrale Rolle dabei, große Werbekunden auf der Facebook-Plattform zu halten, und das trotz des Boykotts des sozialen Netzwerks im Zusammenhang mit den Bürgerrechten.


   Fast jeder zweite Mensch auf der Welt ist auf Facebook 

Solche Beziehungen mögen bei einem kleineren Unternehmen unersetzlich sein, sind aber für eine so große Plattform wie Facebook vielleicht weniger wichtig. Allein die alte Traditions-App wird monatlich von etwa 36 Prozent der Weltbevölkerung genutzt, während die breitere Familie der Apps von fast 44 Prozent genutzt wird. Diese Anzahl von Kunden ist unvergleichlich.

Die Abgänge kommen allerdings zu einem besonders heiklen Zeitpunkt. Apples jüngste Änderungen am iOS-Betriebssystem verlangen von den Entwicklern, dass sie die Erlaubnis der Nutzer einholen, um ihre Online-Aktivitäten zu verfolgen. Doch genau dieses Rückverfolgen ist eine wichtige Möglichkeit für Facebook und andere werbebasierte Plattformen, Informationen über Nutzer zu sammeln, um sie mit Werbung anzusprechen.


   Apples Tracking-Entscheid nimmt kleine Firmen in die Mangel 

Facebook hat offen seine Bedenken geäußert, dass die Tracking-Änderungen kleine Unternehmen unverhältnismäßig stark betreffen. Das ergibt Sinn: Im dritten Quartal des vergangenen Jahres hatte Facebook nach eigenen Angaben über 10 Millionen aktive Werbekunden auf seiner Plattform, von denen die meisten kleine Unternehmen waren. CEO Mark Zuckerberg meint auch, dass der Konzern als Unternehmen die Änderungen bewältigen kann und sogar noch stärker daraus hervorgehen könnte, wenn es für kleine Unternehmen schwieriger wird, das Daten-Maßschneidern ohne Facebooks Hilfe zu steuern.

Facebook gibt nicht regelmäßig den prozentualen Anteil des Umsatzes bekannt, der von kleinen Unternehmen stammt, aber Investoren bekamen vergangenes Jahr einen Hinweis auf den Anteil. Damals kam es zum Boykott von großen, bekannten Marken wie Verizon Communications, North Face und Coca-Cola, was kaum Auswirkungen auf die Umsatzentwicklung hatte. Da Facebook in der Vergangenheit kleinen Unternehmen eine praktisch unübertroffene Rendite für ihre Investitionen geboten hat, verfügen diese Unternehmen kaum über eine andere Wahl, als auf dessen Plattformen zu werben.


   Manche Firmen kehren Facebook jetzt den Rücken zu 

Aber die jüngsten iOS-Änderungen könnten einen Teil dieser Loyalität bedrohen. Caitlin Tormey Mongiardini vom Kaschmirbekleidungsunternehmens NAADAM sagt, dass ihr Unternehmen kürzlich einen Teil seines Marketingbudgets umgeschichtet hat, um sich auf Markenpartnerschaften und andere strategische Marketingbereiche außerhalb von Facebook zu konzentrieren. Sie hatte gehört, dass sich das iOS-Update negativ auf ihre Kollegen auswirkte. In einigen Fällen, so sagt sie, haben andere Direct-to-Consumer-Marken erlebt, dass ihre Rendite auf Facebook um die Hälfte in den Keller rauschte.

Laut Will Matalene, Experte für bezahlte Plattformen und Berater für digitales Marketing, erhält Facebook zusätzlich zu den verminderten Möglichkeiten des Anzeigen-Targetings nun auch weniger Daten von Apple, was es für die Plattform schwieriger macht, den Kunden aufzuzeigen, welch hohe Rendite sie dem sozialen Medium verdanken.


   Höhere Privatsphäre schlecht für Werbebranche 

Letztendlich werden Marken, die in der Vergangenheit große, festgelegte Teile ihrer Budgets an Facebook vergeben haben, in Bezug auf die Werbekanäle wendiger, sagt Matalene weiter. Er geht zwar nicht davon aus, dass eine Marke es sich leisten kann, ihr gesamtes Geld aus der Reichweite von Facebook abzuziehen, aber er sieht, dass Marken sich zunächst von dem Unternehmen teilweise abwenden. Das gilt zumindest solange, bis neue Wege gefunden werden, die Werbekraft inmitten des erhöhten Fokus auf die Privatsphäre der Nutzer zu stärken.

Facebook erwartet, dass die iOS-Änderungen ab dem laufenden Quartal greifen und sich auf das Geschäft auswirken. Das Unternehmen prognostiziert für das zweite Quartal ein stabiles oder leicht beschleunigtes Umsatzwachstum gegenüber dem Monsterwachstum von 48 Prozent im ersten Quartal, aber eine "deutliche Verlangsamung" der Wachstumsraten im dritten und vierten Quartal.


   Facebook-Anzeigen verteuern sich drastisch 

Obwohl einige Werbekunden über geringere Renditen für ihre Investitionen berichten, sind die Preise für Facebook-Anzeigen geklettert. Das Unternehmen berichtete zuletzt, dass der durchschnittliche Preis pro Anzeige im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent emporschnellte, auch wenn das Wachstum in letzter Zeit nachgelassen hat, da die Konsumenten, die im vergangenen Jahr noch zu Hause festsaßen, nun wieder raus können. Das Unternehmen geht davon aus, dass das Wachstum der Werbeeinnahmen für den Rest des Jahres in erster Linie durch den Preis getrieben sein dürfte.

Um weiterhin steigende Preise angesichts einer potenziell gesunkenen Werberendite zu rechtfertigen, wird Facebook wahrscheinlich eine neue Strategie benötigen. Der Abgang von zwei wichtigen Werbechefs unterstreicht nur, dass große Veränderungen bevorstehen könnten.

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June 14, 2021 03:51 ET (07:51 GMT)