Von Jack Denton

WASHINGTON, D.C. (Dow Jones)--Die US-Luftfahrt- und die Telekommunikationsbranche warten gespannt auf die Beurteilung durch die Regulierungsbehörden, ob die Einführung von 5G ein Sicherheitsrisiko für Flugzeuge darstellt.

Die Dachorganisation Airlines for America, die unter anderem American Airlines, Delta, Fedex und UPS vertritt, hat letzte Woche bei der Federal Communications Commission (FCC) eine Dringlichkeitspetition eingereicht, um die Einführung von 5G in den USA zu stoppen.

AT&T und Verizon gaben am Dienstag bekannt, dass sie die Einführung der nächsten Generation der Mobilfunktechnologie um zwei Wochen verschieben werden, nachdem Verkehrsminister Pete Buttigieg ausdrücklich darum gebeten hatte. Zumindest Verizon scheint jedoch zu hoffen, dass 5G bis zum Ende des Monats einsatzbereit sein wird.

Auf der anderen Seite des Atlantiks verfügt Europa inzwischen über 5G. Flugverkehr und Frachttransporte gehen mit der gewohnten Sicherheit weiter. Die Technologie hat nicht die Schäden angerichtet, vor denen Airlines for America gewarnt hat.


   Kein Mangel an Vorsicht in Europa 

In einem Beitrag der amerikanischen Wochenzeitschrift Barron's vermuteten Experten eine Reihe von Faktoren als Gründe für die unterschiedliche Haltung. Eines ist jedoch sicher: Grünes Licht für 5G in Europa resultiert nicht aus einem Mangel an Vorsicht bei den Regulierungsbehörden. Immerhin hat die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) letzten Monat vor dem potenziellen Risiko von Störungen durch 5G in der Nähe von Flughäfen gewarnt - nämlich in den Vereinigten Staaten. Die EASA sagte damals, dass "in Europa kein Risiko für schädliche Interferenzen festgestellt wurde". Stattdessen zitierte die Regulierungsbehörde die Federal Aviation Administration (FAA), die Anfang dieses Jahres ein spezifisches Risiko in den USA aufgrund der Einführung potenziell höherer Leistungsemissionen von 5G-Bodenstationen sah.

Der Grund für die größere Besorgnis in den USA könnte in der Funktechnologie selbst liegen. Es geht dabei um die Frage, ob Signale von 5G-Funkbändern, die für Computer und mobile Endgeräte gedacht sind, Flugzeughöhenmesser stören könnten. Die für Piloten so wichtigen Radarhöhenmesser sind enge Nachbarn von 5G im Funkspektrum.

Dieses potenzielle Problem ist bei der Landung am stärksten ausgeprägt, wenn 5G-Stationen am Boden in der Nähe eines Höhenmessers senden oder 5G-Smartphones innerhalb des Flugzeugs funken. Dies erklärt, warum sich die Regulierungsbehörden auf die Sicherheitsauswirkungen in der Nähe von Flughäfen konzentrieren.


   Unterschiedliche Frequenzen 

George Holmes, Vorsitzender und CEO von Resonant, einem Akteur der 5G-Branche, erklärte gegenüber Barron's, dass der Unterschied zwischen den USA und Europa auf die zugewiesenen Frequenzen für 5G und deren Nähe zum definierten Band für Höhenmesser zurückzuführen sei. Resonant ist ein an der Nasdaq notiertes Unternehmen, das Hochfrequenzfilter entwickelt, die dazu dienen, Signale aus dem richtigen Band zu isolieren und gleichzeitig unerwünschte Störungen aus anderen Bereichen des Funkspektrums zu blockieren. Diese Filter sind für 5G-Anwendungen von entscheidender Bedeutung.

In den USA ist 5G einem Bereich zwischen 3,7 Gigahertz (GHz) und 3,98 GHz zugewiesen, was näher an der 4,2- bis 4,4-GHz-Frequenz für Höhenmesser liegt als dies in Europa der Fall ist. Dort wurde 5G der Bereich zwischen 3,4-GHz und 3,8-GHz zugewiesen. Holmes sagte, dass die Filter von Höhenmessern in Europa besser in der Lage sein werden, 5G-Signale zu blockieren, was zu potenziell weniger Störungen führen werde.

"Wir haben es mit sehr geringen Wahrscheinlichkeiten, aber extrem verheerenden Folgen zu tun", sagte Holmes. "Wir befinden uns noch in der Anfangsphase der 5G-Implementierung und -Nutzung, daher bleibt dieses Interferenzproblem ein Thema mit Potenzial für die Zukunft." Er fügte hinzu: "Längerfristig unterstreicht dies den Bedarf an Hochleistungsfiltern für alle verschiedenen Technologien, die oberhalb von 3 GHz koexistieren sollen."


   Eine Frage der Politik ? 

Die CTIA ihrerseits - ein Wirtschaftsverband, die die US-Mobilfunkindustrie vertritt - betont, dass fast 40 Länder bereits 5G in dem Bereich des Funkspektrums nutzen, der mit Höhenmessern geteilt wird, ohne dass dies Auswirkungen auf die Luftfahrt habe.

Die CTIA zitierte die australische Kommunikations- und Medienbehörde, die ein 200-MHz-Schutzband zum Schutz von Radarhöhenmessern für ausreichend hält. Als die FCC Anfang 2020 Raum im Funkspektrum für 5G-Mobilfunkdienste zuwies, ließ sie einen 220-MHz-Abstand zwischen diesen Diensten und dem Band für Radarhöhenmesser.

Die voneinander abweichenden Entscheidungen der Regulierungsbehörden in der Europäischen Union und den USA könnten aber auch eine Frage der Politik sein.

Jonathan Atkin, ein auf Telekommunikation spezialisierter Managing Director bei RBC Capital Markets, sagte gegenüber Barron's, dass der Unterschied vor allem auf die Dynamik zwischen den Behörden innerhalb der US-Regierung mit ihren überlappenden Zuständigkeiten zurückzuführen sein könnte. In Europa gäbe es so etwas nicht.

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January 06, 2022 03:21 ET (08:21 GMT)