Zum zweiten Mal in sechs Wochen strich der größte Online-Modehändler des Kontinents seine Umsatz- und Gewinnerwartungen zusammen. "Ich bin damit nicht glücklich", sagte Zalando-Vorstandsmitglied Rubin Ritter am Dienstag zu Journalisten. An der Börse rauschte die Aktie nach der Prognosesenkung in den Keller und brach zum Handelsstart zeitweise um über 20 Prozent auf 33,47 Euro ein. Dies war der tiefste Stand seit August 2016. Damit hielt der Konzern, der gerade sein zehnjähriges Bestehen feiert, mit großem Abstand die rote Laterne im Börsenindex MDax.

Analyst Andreas Inderst von Macquarie sprach angesichts der Umsatz- und Gewinnwarnung von einem Rückschlag, aber einer intakten langfristigen Wachstumsgeschichte. Ein Händler zielte auf die unterschiedliche Höhe der Anpassungen bei Gewinn und Umsatz ab und sprach von einem Profitabilitätsproblem. Im Sog von Zalando gerieten auch die Titel von Kinnevik unter die Räder. Sie fielen in Stockholm um knapp acht Prozent - so stark wie zuletzt vor gut zwei Jahren. Die Beteiligungsfirma hält nach Reuters-Daten gut 31 Prozent an Zalando.

Ritter begründete die schlechteren Geschäfte mit den hohen Temperaturen, die auch im September andauerten, und damit verbundenen umfangreichen Rabattaktionen. Der Start der umsatzstärkeren Herbst- und Wintersaison werde sich "signifikant" nach hinten verschieben. Das sei ein Problem für die gesamte Modeindustrie. "Um langfristig zu wachsen, investieren wir trotzdem weiter", sagte Ritter. Seit dem zweiten Quartal ist Zalando auch in Irland und Tschechien präsent. Zudem verkauft das Unternehmen inzwischen Kosmetik und steckt weiterhin viel Geld in den Ausbau der Logistik und der Lager, um schnellere Auslieferungen möglich zu machen.

Das Unternehmen rechnet im Gesamtjahr damit, nur noch ein Umsatzplus am unteren Ende der angestrebten 20 bis 25 Prozent erzielen zu können. Nach der letzten Prognosesenkung Anfang August war Zalando noch davon ausgegangen, in der unteren Hälfte der Spanne landen zu können. Vor allem beim bereinigten Betriebsgewinn (Ebit) ist das Unternehmen pessimistischer als vor einigen Wochen: Hier traut sich Zalando nur noch 150 bis 190 Millionen Euro zu, nachdem der Konzern zuletzt noch das untere Ende der bisher gesteckten Prognose von 220 bis 270 Millionen Euro angepeilt hatte.

Für das dritte Quartal erwartet Zalando einen Gewinn und Umsatz unter denn Analystenschätzungen. Details will das Berliner Unternehmen mit inzwischen 15.600 Mitarbeitern am 6. November veröffentlichen.

RITTER - ZIEL IST FLEXIBILER EINKAUF

Beim langfristigen Ziel, das Geschäft bis 2020 zu verdoppeln, machte Zalando keine Abstriche. "Wir wachsen weiterhin stärker als der Markt und wollen dies beibehalten", sagte Ritter. Dabei geht es vor allem darum, aufstrebende Konkurrenten wie Asos und Boohoo aus Großbritannien aber auch Amazon auf Abstand zu halten. Damit es künftig nicht mehr zu Gewinnwarnungen kommt, will Ritter beim Einkauf der Waren flexibler werden und das Partnerprogramm ausbauen, bei dem Modefirmen ihre Kleidung auf eigenen Markenseiten anbieten und einspringen, wenn bei Zalando selbst bestimmte Kleidungsstücke ausverkauft sind. "Das läuft gut", sagte Ritter.

Zalando ist nicht die einzige deutsche Modefirma, die mit der Sommerhitze kämpft. Auch beim Herrenausstatter Ahlers laufen die Geschäfte schleppend. Die Geschäftsentwicklung der ersten neun Monate liegt nach jüngsten Firmenangaben am unteren Rand der Erwartungen. Bei dem ohnehin wegen der Onlinekonkurrenz unter Druck geratenen Damenmodehersteller Gerry Weber mit seiner Tochter Hallhuber gingen Umsatz und Gewinn zurück.