(Neu: Aussagen aus der Bilanzpressekonferenz, Details)

BONN (dpa-AFX) - Die Deutsche Post tut sich noch schwer die Folgen der Coronavirus-Epidemie zu beziffern. Ein Rückgang des Paketaufkommens sei in Europa zwar noch nicht zu verzeichnen, aber das sei "nicht ausgeschlossen", erklärte Post-Chef Frank Appel am Dienstag bei der Bilanzvorlage in Bonn. In China hatte der Logistikkonzern die Folgen der Epedemie im Februar bereits deutlich zu spüren bekommen und war auch daher vorsichtiger geworden. Für Europa sei es aber zu früh, die Lage zu beurteilen, so Appel.

Allerdings sei es in China bisher nicht ganz so schlimm gekommen, erläuterte das Management. Der Vorstand hatte für Februar mit einer Belastung des operativen Ergebnisses von 60 bis 70 Millionen gerechnet, nun sei man allerdings am "besseren Ende des Korridors" angelangt, sagte Finanz-Chefin Melanie Kreis. Dazu normalisiere sich die Lage des Express-Geschäfts in China. Besonders hart treffe das neuartige Coronavirus die beiden DHL-Sparten Fracht und Express, die zusammen rund 50 Prozent des Umsatzes ausmachen. Die Segmente Post & Paket Deutschland, Lieferkettenlogistik und E-Commerce seien nur marginal betroffen.

Trotz aller Unsicherheiten und der voranschreitenden Ausbreitung des Virus konnten Aktionäre des Logistikkonzerns am Dienstag nach turbulenten Wochen erst einmal durchatmen: Die Aktie erholte sich ein wenig, nachdem das Management eine überraschend hohe Dividende und ein gestiegenes Konzernergebnis verkündete.

2019 ging es aufwärts für die Post. Das Konzernergebnis stieg um gut 26 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro, lag damit jedoch leicht unter den durchschnittlichen Erwartungen von Analysten. An die Aktionäre sollen mit 1,25 Euro je Aktie 10 Cent mehr verteilt werden als ein Jahr zuvor.

Der Kurs der Aktie legte am Dienstag um mehr als 5 Prozent zu, nachdem er seit der Zuspitzung der Coronavirus-Lage in Italien fast 30 Prozent verloren hatte. Am Vortag war er im Zuge des Crashs an den Börsen um fast neun Prozent abgesackt.

Die Ergebnisse böten Anlass zu leichtem Optimismus, schrieb Analyst Daniel Roeska vom US-Analysehaus Bernstein Research. Sein Kollege David Kerstens vom Analysehaus Jefferies erkannte eine Erholung im Brief- und Paketgeschäft. Neu seien der höhere Dividendenvorschlag und der erhöhte Ausblick für den freien Barmittelzufluss, der aber den Erwartungen entspreche.

Beim Blick in die Zukunft belastet 2020 aber nicht nur das Coronavirus das Ergebnis des Konzerns. Auch das plötzliche Aus des Streetscooters verursacht Kosten für die Bonner. Das Management schätzt diese auf 300 bis 400 Millionen Euro. Das angepeilte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 5 Milliarden Euro sei nur noch ohne diese beiden Sondereffekte zu schaffen, hieß es.

Wie erst kürzlich bekannt wurde, wird die Produktion des Elektrolieferwagens noch 2020 eingestellt. Vor einigen Monaten hatte die Post noch Zukunftspläne für ihr ehemaliges Vorzeige-Projekt geschmiedet und nach einem Investor gesucht - allerdings vergeblich. Die Abkehr vom Streetscooter sei keine Abkehr von der Elektromobilität, hieß es nun. Wenn keine eigenen Fahrzeuge mehr produziert würden, müsste der Konzern eben Elektro-Fahrzeuge kaufen.

Und auch im Paketgeschäft tauchen immerhin einige Wolken am blauen Himmel auf: Weil der Online-Händler Amazon selbst zunehmend Pakete abfertigt, erwartet die Post künftig ein etwas schwächeres Wachstum. Das habe sich bereits im letzten halben Jahr gezeigt, erläuterte der Vorstand.

Während die Post ihr Gewinnziel für 2020 nur noch mit Einschränkung aufrecht erhält, hält der Vorstand an seinem Ziel für 2022 fest. Bis dahin soll das Ebit weiter auf mindestens 5,3 Milliarden Euro steigen. Zudem hoben die Bonner nun ihre Prognose für den freien Barmittelzufluss an. So soll der kumulierte Free Cashflow von 2020 bis 2022 auf 5 bis 6 Milliarden Euro steigen. Bisher hatte das Management 4,5 bis 5,5 Milliarden angepeilt.

Der Umsatz stieg 2019 - wie bereits bekannt - um knapp drei Prozent auf 63,3 Milliarden Euro. Der operative Gewinn legte nach einem Einbruch im Vorjahr um fast 31 Prozent auf gut 4,1 Milliarden Euro zu. Trotz eines schwierigen wirtschaftlichen Umfelds mit Brexit und Handelsstreit sei es gelungen, in allen Sparten zu wachsen, erklärte Post-Chef Appel. Der Konzern sei wegen seiner "breiten geographischen Aufstellung" und seinem "umfangreichen Portfolio" widerstandsfähiger als andere Unternehmen aufgestellt. Konkurrent Fedex hatte die wirtschaftliche Lage weniger gut verdaut und im Laufe des Jahres seine Prognose mehrfach gesenkt./knd/mis/jha/