Düsseldorf (Reuters) - Das Bundeskartellamt will nun auch dem Online-Riesen Amazon genauer auf die Finger schauen.

Dazu stellte die Bonner Behörde für den US-Konzern eine "überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb" fest und kann damit dank neuer Regeln strenger gegen ihn vorgehen. Der Internet-Händler kritisierte die Entscheidung und kündigte an, auch rechtliche Schritte prüfen zu wollen.

"Amazon ist der zentrale Schlüsselspieler im Bereich des E-Commerce", sagte Kartellamtschef Andreas Mundt am Mittwoch. Amazon nehme teils eine marktbeherrschende Stellung ein. Die aktuelle Entscheidung der Behörde bedeute, "dass wir bei Amazon mögliche wettbewerbsgefährdende Verhaltensweisen gezielt aufgreifen und unterbinden können". Amazon gehöre mit weltweiten Umsatzerlösen von rund 400 Milliarden Euro im Jahr 2021, davon rund 32 Milliarden Euro in Deutschland, zu den umsatzstärksten Unternehmen der Welt, erklärte die Behörde. Nach Einschätzung des Kartellamtes werde mehr als jeder zweite Euro im deutschen Online-Einzelhandel auf der Amazon-Handelsplattform ausgegeben. Amazon sieht das anders. "Wir stimmen den Feststellungen des Bundeskartellamts nicht zu und werden die Entscheidung sowie unsere Optionen, auch Rechtsmittel, sorgfältig prüfen", sagte ein Sprecher. Er verwies darauf, dass der Anteil des Online-Handels am gesamten deutschen Einzelhandel - also auch unter Berücksichtigung des klassischen Filial-Handels - rund 14,7 Prozent ausmache.

Der Gesetzgeber hatte dem Kartellamt im Januar 2021 neue Instrumente in die Hand gegeben. Die Behörde kann seitdem eine marktbeherrschende Stellung von Unternehmen leichter feststellen und eingreifen, um bestimmte Verhaltensweisen zu untersagen. Vor Amazon hatte das Kartellamt seine neuen Möglichkeiten bereits bei Google und dem Facebook-Eigner Meta eingesetzt. Bei Google hatte das Kartellamt im Juni ein Verfahren wegen möglicher Wettbewerbsbeschränkungen bei Kartendiensten eingeleitet.

Gegen Amazon führen die Bonner Wettbewerbshüter aktuell bereits zwei Verfahren, eines betrifft den Amazon Marktplatz, im zweiten Verfahren nehmen die Kartellwächter Vereinbarungen zwischen Amazon und Markenherstellern unter die Lupe.

(Bericht von Matthias Inverardi; redigiert von Sabine Wollrab, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)