Düsseldorf (Reuters) - Die EU-Kommission wirft dem weltgrößten Onlinehändler Amazon Verstöße gegen das EU-Kartellrecht vor.

Amazon nutze nicht-öffentliche Daten unabhängiger Händler, die über den Amazon-Marktplatz verkaufen, für das eigene Einzelhandelsgeschäft, monierte die Behörde am Dienstag. Zudem leiteten die Brüsseler Wettbewerbshüter ein zweites förmliches Kartellverfahren gegen den US-Riesen ein. "Wir müssen verhindern, dass Plattformen mit Marktmacht, die auch selbst über die Plattform verkaufen, wie etwa Amazon, den Wettbewerb verzerren", betonte EU-Kommissarin Margrethe Vestager

"Die Wettbewerbsbedingungen auf der Amazon-Plattform müssen fair sein", sagte Vestager. Amazon habe als Plattform eine doppelte Funktion, erklärte die Kommission: Zum einen stelle der Konzern einen Online-Marktplatz zur Verfügung, über den unabhängige Händler ihre Produkte direkt an Verbraucher verkaufen können, zum anderen trete das Unternehmen auf diesem Marktplatz selbst als konkurrierender Einzelhändler auf. Amazon habe dabei auch Zugang zu Geschäftsdaten unabhängiger Anbieter. Die bislang gesammelten Ergebnisse der im Juli 2019 begonnenen EU-Untersuchung zeigten, dass Amazon-Mitarbeitern große Mengen von Daten zur Verfügung stünden, die in eigene Angebote flössen - zum Nachteil der anderen Verkäufer auf dem Marktplatz. Amazon könne so seine beherrschende Stellung im Bereich der Marktplatz-Dienste in den für Amazon größten EU-Märkten Frankreich und Deutschland ausweiten.

. "Wir stimmen mit den vorläufigen Annahmen der Europäischen Kommission nicht überein", erklärte Amazon. Amazon mache weniger als ein Prozent des weltweiten Einzelhandels aus, erklärte der US-Riese. Es gebe in jedem Land, in dem er tätig sei, größere Einzelhändler.

Amazon hat nun Gelegenheit, auf die Vorwürfe zu reagieren. Bleibt die EU-Kommission aber bei ihrer Auffassung, drohen dem US-Onlineriesen empfindliche Strafen. Theoretisch können diese zehn Prozent des Jahresumsatzes umfassen. Eine Entscheidung könnte im kommenden Jahr fallen.

Zudem leitete die Kommission eine zweite kartellrechtliche Untersuchung zur Geschäftspraxis von Amazon ein. Sie hat den Verdacht, dass das Unternehmen die eigenen Einzelhandelsangebote und die Angebote von Marktplatz-Verkäufern, die die Logistik- und Zustellungsdienste von Amazon nutzen, bevorzugt behandelt. Auch das Bundeskartellamt hat den US-Riesen ins Visier genommen.