FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Lockdown-Verlängerungen in Deutschland haben am hiesigen Aktienmarkt entgegen des jüngsten Trends Umschichtungen aus zyklischen in defensive Sektoren ausgelöst. Nachdem zu Wochenbeginn noch insbesondere Titel aus konjunktursensiblen Branchen gefragt waren, gingen die Anleger an diesem Dienstag nun weniger riskante Wetten ein.

Damit gehörten im deutschen Leitindex Dax Aktien aus der Immobilienbranche zu den Favoriten. So stiegen die Anteilsscheine von Vonovia und Deutsche Wohnen vorne im Dax jeweils um etwas mehr als zwei Prozent. Auch europaweit verzeichnete die Branche mit plus 0,8 Prozent recht hohe Gewinne.

Immobilienaktien sind bei Anlegern in konjunkturell schwierigen Zeiten in der Regel gefragt, da ihr Geschäft als wenig schwankungsanfällig gilt; damit können Aktien aus dieser Branche die Depots der Anleger stabilisieren. In der Corona-Krise aber zeigte sich ein zweigeteiltes Bild: Während Wohnimmobilienunternehmen angesichts der zunehmenden Homeoffice-Nutzung von einer hohen Mieternachfrage profitieren, leiden die Anbieter von Gewerbeimmobilien unter Mietausfällen.

Von den Lockdown-Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie besonders betroffen sind die Betreiber von Hotels und Einkaufszentren. Anbieter von Büroflächen müssen zumindest umplanen und berücksichtigen, dass Arbeitnehmer nach der Pandemie wohl mehr vernetzt sowie digital arbeiten möchten und dafür nicht mehr jeden Tag ins Büro fahren wollen.

In das Bild passt, dass an diesem Dienstag die Aktien der im MDax gelisteten Gewerbeimmobilien-Spezialisten Alstria Office und Aroundtown leicht nachgaben. Allerdings schlugen sie sich damit etwas besser als der Index der mittelgroßen Werte, der zuletzt um 0,4 Prozent fiel. Der Dax verzeichnete Verluste in ähnlicher Größenordnung.

Die wieder eingetrübte Stimmung am Gesamtmarkt begründeten Börsianer mit den jüngsten Regierungsbeschlüssen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Angesichts drastisch steigender Infektionszahlen schicken Bund und Länder ganz Deutschland über Ostern in den schärfsten Lockdown seit Beginn der Pandemie vor einem Jahr. Vom 1. bis einschließlich 5. April, also von Gründonnerstag bis Ostermontag, soll das öffentliche, private und wirtschaftliche Leben weitgehend heruntergefahren werden, um die dritte Welle der Pandemie zu brechen.

Der Lockdown in vielen europäischen Ländern dürfte auch nach den Beschlüssen der deutschen Bund-Länder-Runde insgesamt noch eine Weile anhalten, schrieb Marktanalyst Milan Cutkovic vom Handelshaus Axi. Das hätten die Investoren zwar bislang so auf ihrem Zettel, die derzeitige Dynamik des Infektionsgeschehens mit noch strikteren Maßnahmen sorge allerdings für eine steigende Unsicherheit ob des Zeitpunkts der wirtschaftlichen Erholung nach der Krise. "In den kommenden Tagen dürften sich die Anleger wieder verstärkt mit der Frage befassen, wie groß die negativen Effekte auf die Wirtschaft sein werden", fuhr Cutkovic fort.

Vor diesem Hintergrund gerieten am Dienstag insbesondere die stark konjunkturabhängigen Autowerte deutschland- und europaweit deutlich unter Druck. Der europäische Branchenindex büßte am Ende des Sektortableaus 2,6 Prozent ein. Aktien aus der Automobilindustrie hatten zu Wochenbeginn noch von der Aussicht auf eine wirtschaftliche Erholung profitiert, nachdem in den USA ein riesiges Konjunkturpaket beschlossen worden war.

Insofern rutschten die Vorzugsaktien von Volkswagen am Dax-Ende um rund vier Prozent ab. Sie waren allerdings am Montag um mehr als sieben Prozent in die Höhe geschnellt - nicht zuletzt, weil neuerdings die Strategie des Autobauers im Bereich der Elektromobilität auch für viel Fantasie bei US-Anlegern sorgt./la/ajx/mis