Zürich (awp) - Beim Energiekonzern Alpiq hat sich bewahrheitet, was Kleinanleger bereits befürchtet haben. Die Publikumsaktionäre sollen für 70 Franken je Aktie ausgekauft werden. Alpiq könnte bereits im Herbst von der Börse gehen, sollte es nicht zu Klagen kommen.

Der künftige neue Ankeraktionär CSA Energie-Infrastruktur Schweiz macht den Publikumsaktionären über die Zweckgesellschaft Schweizer Kraftwerksbeteiligungs-AG ein "freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot", wie aus einer Mitteilung der Schweizer Anlagegesellschaft mit den bestehenden Alpiq-Ankeraktionären, das Konsortium Schweizer Minderheitsaktionäre und die EOS Holding, hervorgeht.

Nachdem Électricité de France (EDF) sein 25-Prozent-Paket verkauft hat, halten die Ankeraktionäre 88 Prozent. Die restlichen 12 Prozent befinden sich im Streubesitz. 70 Franken je Aktie - so viel erhielt auch der französische Stromkonzern EDF für seine Beteiligung. Insgesamt wurden rund 489 Millionen Franken bezahlt. Der Preis bewertet die gesamte Alpiq mit rund 2 Milliarden Franken.

In Schweizer Hand

Am Vorabend war der Abschluss der Transaktion mit EDF vermeldet worden und Alpiq damit offiziell in Schweizer Hände übergegangen. Käufer sind die Aktionäre Primeo Energie, vormals EBM und Mitglied des Konsortiums Schweizer Minderheitsaktionäre, sowie EOS. Primeo und EOS wollen dann ihre Aktien an CSA weiterreichen, womit diese neuer Grossaktionär wird. CSA ist ein von der Credit Suisse verwalteter Fonds, in den 135 Schweizer Pensionskassen investiert sind.

Finanziert wurde der Kauf mittels Pflichtwandeldarlehen. Diese sollen, sobald die Aktie dekotiert ist, in Aktien umgewandelt werden - spätestens jedoch nach 12 Monaten. Damit könnte CSA letztendlich mit insgesamt 37 Prozent zum grössten Aktionär werden - 25 Prozent aus dem früheren EDF-Paket und 12 Prozent aus dem Freefloat.

Verwässert werden könnte die Beteiligung allerdings noch durch die Umwandlung des Aktionärs-Hybriddarlehens in Höhe von 367 Millionen Franken. Dann würden sich die Anteile der drei Parteien in etwa ausgleichen. Die Aktionäre wünschen sich eine Wandlung zum selben Preis von 70 Franken je Aktie. Der Entscheid liegt jedoch beim Verwaltungsrat.

Die Umwandlung wäre erst nach der Dekotierung geplant, und der Preis wäre der gleiche wie im Übernahmeangebot, so ein Alpiq-Sprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP. Der Gesellschaft würden dadurch keine neuen Mittel zufliessen, das bereits eingeschossene Kapital könne jedoch als Eigenkapital angerechnet werden.

Enttäuschte Aktionäre

So viel zum Sachverhalt. Die Publikumsaktionäre könnten sich nun allerdings unter Wert abgespeist fühlen. So findet etwa Martin Ebner, wahrscheinlich der Kleinaktionär mit den meisten Aktien, einen Preis von 140 Franken "korrekt". Zuletzt hatte Ebner im Mai 2018 Aktien verkauft und damals wieder einen Anteil von unter 3 Prozent gemeldet.

Nach der Ankündigung der Übernahme des EDF-Pakets und der geplanten Dekotierung Anfang April hatten sich auch Analysten vom Preis überrascht gezeigt und diesen als unerwartet niedrig bezeichnet.

Denn Alpiq scheint nach einigen schwierigen Jahren wieder auf dem aufsteigenden Ast zu sein. Der Konzern erlitt davor meist hohe Verluste, steigende Strompreise schüren nun aber Hoffnung auf eine Wende zum Besseren. Alpiq hat in der Zwischenzeit mit der 2018 initiierten Neuausrichtung - inklusive Abspaltung des Industriebereichs - den hohen Schuldenberg abgetragen und sich neu aufgestellt.

Logische Konsequenz

Die künftige Aktionärin CSA hält allerdings dagegen: "Wir hätten diesen Preis niemals bezahlen können, wenn die erwartete höheren Strompreise nicht mit einberechnet wären", sagte Dominik Bollier als Vertreter der künftigen Aktionärin zu AWP. Das Angebot berücksichtige den erwarteten künftigen Cashflow.

Die Aktionäre insgesamt erachten den Preis als "faire Lösung für die Publikumsaktionäre". Die schweizerische Übernahmekommission habe etwa bestätigt, dass keine künftigen Energieabnahmeverträge vorliegen würden, die beim Preis berücksichtigt werden müssten.

Auch Verwaltungsratspräsident und Konzernchef Jens Alder begrüsste die Lancierung des Übernahmeangebots. "Die neue Aktionärsstruktur ist ein solides Fundament für die weitere Entwicklung von Alpiq", liess dieser sich zitieren. Das öffentliche Übernahmeangebot sehe er als logische Konsequenz. Der Verwaltungsrat hat eine Beurteilung des Kaufangebots in Auftrag gegeben und wird noch konkret Stellung nehmen.

Dekotierungsgesuch möglicherweise im Oktober

Der Angebotsprospekt soll voraussichtlich am 9. Juli 2019 veröffentlicht werden, die Angebotsfrist vom 24. Juli 2019 bis zum 7. September laufen - mit einer Nachfrist bis zum 26. September. Der Abschluss der Transaktion sei für den 9. Oktober vorgesehen. Kurz nach Vollzug werde dann voraussichtlich die Dekotierung bei der Schweizer Börse SIX beantragt.

An der Börse kosten Alpiq am Mittwoch gegen 11.55 Uhr 70,30 Franken. Die Titel hatten 2018 gut 21 Prozent zugelegt und im Hoch bei 88,90 Franken notiert. Im bisherigen Jahresverlauf waren Alpiq allerdings bis auf 63 Franken Ende März gefallen. Nach der Ankündigung Anfang April schossen die Titel dann nicht überraschend auf 70 Franken hoch. Im Hoch der Energiepreise hatten Alpiq im Jahr 2008 allerdings ein Zehnfaches gekostet.

Das Übernahmeangebot berge keine Überraschung, kommentiert die ZKB die Neuigkeiten vom Mittwoch. Sollte es zur Umwandlung des Aktionärs-Hybriddarlehens kommen, wovon er ausgehe, würde sich die Beteiligung der Kernaktionäre auf knapp unter 90 Prozent belaufen, schreibt der zuständige Experte. Ab 90 Prozent wäre ein Squeeze-out nach Fusionsgesetz möglich. Nicht andienungsbereiten Aktionären, die einen höheren Preis wollen, würde höchstens der Rechtsweg offenstehen.

ys/ra