- von Alexander Hübner und Oliver Hirt

Zürich/München (Reuters) - Der Schweizer Versicherungskonzern Zurich verkauft seinen Altbestand an Lebensversicherungen in Deutschland.

Übernommen werden sollen die gut 720.000 Policen der Zurich Deutscher Herold Leben mit traditionellen Zins- und Beitragsgarantien von dem Abwicklungs-Spezialisten Viridium, hinter dem der Finanzinvestor Cinven und die Hannover Rück stehen. Die Policen stehen für ein verwaltetes Vermögen von rund 21 Milliarden Euro, wie Zurich und Viridium am Freitag mitteilten. Viridium zahlt dafür etwas weniger als eine halbe Milliarde Euro, wie ein Insider der Nachrichtenagentur Reuters sagte. Die Schweizer wollen sich in Deutschland - wie schon in Italien - auf fondsgebundene Lebensversicherungen konzentrieren, aus denen ein Großteil des deutschen Portfolios von rund drei Millionen Policen bereits besteht.

Für Viridium ist es die fünfte Übernahme innerhalb von acht Jahren und die zweitgrößte nach Generali Leben. Die in Neu-Isenburg bei Frankfurt ansässige Viridium hat sich auf den Aufkauf und die Abwicklung von Lebensversicherungs-Beständen spezialisiert, für die das Neugeschäft eingestellt wurde. Mit einem Bestand von künftig rund 4,5 Millionen Verträgen und 92 Milliarden Euro verwaltetem Vermögen ist sie in Deutschland der mit Abstand größte Bestandsverwalter. "Die Versicherungsnehmer können sich darauf verlassen, dass wir uns vollständig darauf konzentrieren, ihre Verträge dauerhaft zu erfüllen und dass sie dabei von den finanziellen und operativen Vorteilen unseres Geschäftsmodells profitieren", sagte Viridium-Chef Tilo Dresig.

Für viele Versicherer sind die traditionellen Policen mit teilweise lebenslangen Zinsgarantien unattraktiv, weil sie dafür viel Kapital zurücklegen müssen. Zurich erwartet, dass sich die Solvenzquote allein durch den Verkauf des deutschen Bestandes um acht Prozentpunkte auf 242 Prozent verbessert. Analyst Brandan Holmes von der Ratingagentur Moody's schrieb, Zurich könne sich damit von den Zinsen unabhängiger machen, die zu starken Schwankungen in den Kapitalquoten geführt hätten. "Der Verkauf setzt auch Kapital frei, das in profitablere Wachstums-Bereiche investiert werden kann."

Die Versicherungsaufseher der BaFin sehen die Abwickler inzwischen wohlwollend. "Die Erfahrungen mit dem Run-off sind bisher nicht schlecht", sagte Exekutivdirektor Frank Grund im Münchner Club Wirtschaftspresse. Die Behörde achte darauf, dass die Kunden unter dem Anbieterwechsel nicht litten. Auch er habe zunächst zu den Skeptikern gehört, räumte Grund ein. "Aber wir haben keine Stornowellen gesehen."

AXA STEHT SCHON IN DEN STARTLÖCHERN

Die Abwickler setzen dagegen auf Effizienzgewinne durch die Verwaltung größerer Bestände und darauf, dass sie kaum Geld für den Vertrieb ausgeben müssen. Die Zurich verwaltet die 720.000 Policen bisher auf drei verschiedenen IT-Plattformen. Die meisten Verträge wurden vor mehr als fünf Jahren abgeschlossen. Sie müssen vor dem Verkauf erst in eine eigene Gesellschaft ausgegliedert werden. Viele der Policen wurden über die Deutsche Bank verkauft, die in Deutschland Partner von Zurich im Bank-Vertrieb ist.

Das Geschäft mit dem Verkauf von Leben-Altbeständen dürfte wieder Fahrt aufnehmen. Die nach dem Generali-Verkauf erwartete Welle war ausgeblieben. Parallel zu Zurich hat nun aber der französische Versicherer AXA einen Teil seines Leben-Portfolios in Deutschland mit einem verwaltetes Vermögen von rund 15 Milliarden Euro zum Verkauf gestellt. Dieser könnte an den Abwickler Athora Leben gehen. Hinter dem Unternehmen aus Wiesbaden, das bisher nur die ehemalige Leben-Sparte von Delta Lloyd übernommen hat, steht der Finanzinvestor Apollo. Die Verhandlungen sind Insidern zufolge weit fortgeschritten. Viridium sei hier aus dem Rennen.

(Bericht von Oliver Hirt und Alexander Hübner, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)