Die Offerte der Bahn vom Dienstagabend sei inakzeptabel und keine Grundlage für weitere Gespräche, sagte EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch am Mittwoch. "Die Deutsche Bahn trägt mit diesem unangemessenen Verhalten dazu bei, dass Warnstreiks unausweichlich werden." Über einen Arbeitskampf will die EVG frühestens am 23. März entscheiden. Gewerkschaftskreisen zufolge könnte es am 27. März einen umfassenden Verkehrs-Streik geben. Die EVG kann sich auch gemeinsame Aktionen mit der Gewerkschaft Verdi vorstellen.

Die EVG verhandelt nach eigenen Angaben für rund 180.000 DB-Beschäftigte und bis 23. März auch mit kleineren Bahn-Unternehmen mit insgesamt weiteren 50.000 Beschäftigten. Für sie gelten die gleichen Forderungen. Sollten auch diese Gespräche erfolglos bleiben, könnte es Gewerkschaftskreisen zufolge einen umfassenden Verkehrs-Streik am 27. März geben. Sowohl Nah- als auch Fern- und Güterverkehr würden dann bundesweit lahmliegen. Dem Ausstand könnte sich auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi im städtischen Verkehr und an den Flughäfen anschließen. Verdi hat zuletzt etwa im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes mehrfach deutsche Airports lahmgelegt und will am Freitag die Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn bestreiken.

Die EVG wollte sich nicht konkret zum 27. März äußern, steht gemeinsamen Aktionen mit Verdi allerdings offen gegenüber, wie die stellvertretende EVG-Vorsitzende Cosima Ingenschay betonte. "Wenn wir uns mit Verdi koordinieren, umso besser. Dann wird der Druck wirklich auch hoch werden." Aber zunächst wolle man die Gespräche mit allen Bahn-Firmen abwarten. Loroch kündigte an, dass ein Arbeitskampf dann für alle Bahnbetreiber gelte. "Wir wollen auch der Bevölkerung ersparen, dass dann einen Tag da gestreikt wird, einen Tag da gestreikt wird."

Bahn-Personalverstand Martin Seiler erklärte, der Konzern wappne sich bereits für einen Arbeitskampf. Die Allianz selbständiger Reiseunternehmen Bundesverband (ASR) teilte mit, die Tourismusbranche sei besorgt wegen "des möglichen Generalstreiks" Ende März. "Die geplanten Streiks am 27. März würden das Land in Teilen lähmen." Das Verständnis dafür sei ausgeschöpft, da viele Änderungen, Ausfälle und Verspätungen bei Bahn und Flügen schon jetzt für Reisestress sorgten.

EVG FORDERT BESSERES BAHN-ANGEBOT BIS ENDE APRIL

Die EVG verlangt zwölf Prozent mehr Lohn, mindestens aber 650 Euro im Monat mehr. Für die meisten Bahn-Beschäftigten bedeutet dies eine stärkere Steigerung als zwölf Prozent. Während die Gewerkschaft eine Laufzeit von zwölf Monaten fordert, bietet die Bahn 27 Monate. Die Löhne der DB-Beschäftigten sollen laut Angebot der Bahn in zwei Schritten um insgesamt fünf Prozent steigen: ab dem Dezember 2023 um drei Prozent und ab dem August 2024 um zwei weitere Prozent. Zudem sollen die Mitarbeitenden eine Inflationsausgleichsprämie von 2500 Euro in zwei Schritten erhalten. Die EVG monierte, dass die Beschäftigten eine solche Einmalzahlung nicht wollten, "weil diese nicht nachhaltig ist und am Ende einfach verpufft". Auch beim Thema Mindestlohn liegen die Konfliktparteien über Kreuz. Während der Konzern einen Bahn-Mindestlohn von 13 Euro pro Stunde einführen will, kritisierte die EVG: "Bei genauer Betrachtung entpuppt sich das als Taschenspielertrick."

Das Gesamtpaket bedeutet nach Rechnung der Bahn im Schnitt elf Prozent mehr Geld in den nächsten zwölf Monaten. Die EVG monierte aber, der Konzern verhöhne die Beschäftigten mit einem Scheinangebot und müsse zur nächsten Gesprächsrunde am 24./25. April eine verhandlungsfähige Offerte vorlegen. Seiler sagte, die Bahn sei bereit, die Verhandlungen früher fortzusetzen.

(Bericht von: Klaus Lauer, Mitarbeit: Markus Wacket und Ilona Wissenbach, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)