London (Reuters) - Der 30 Milliarden Euro schwere staatliche Schutzschirm für drohende Ausfälle im Handel soll bis weit ins neue Jahr hinein verlängert werden.

Die Versicherungsbranche sei mit der Bundesregierung in finalen Verhandlungen über eine Verlängerung um sechs Monate, sagte Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), am Dienstag bei einer Branchenveranstaltung der Nachrichtenagentur Reuters. Eine Entscheidung werde innerhalb "weniger Tage" erwartet. "Wir verhandeln derzeit sehr konstruktiv zwischen den zuständigen Regierungsstellen, dem Finanzministerium und dem Wirtschaftsministerium."

Die Bundesregierung will mit dem Schutzschirm verhindern, dass die Lieferketten im Handel in der Corona-Krise abreißen. Der Staat nimmt den Kreditversicherern wie der Allianz-Tochter Euler Hermes Ausfallrisiken im Volumen von bis zu 30 Milliarden Euro ab. Diese Risiken sind normalerweise mit Warenkreditversicherungen abgesichert. Doch die Branche befürchtet, dass ihr die Schäden über den Kopf wachsen könnten. Die Kreditversicherer überlassen dem Bund im Gegenzug für die Absicherung von Ausfallrisiken 65 Prozent der Prämieneinnahmen für dieses Jahr. Dieser Prozentsatz stehe bei der Neuverhandlung nun zur Diskussion, da man bisher nur wenige Insolvenzen gesehen habe, sagte Asmussen.

Die Kreditversicherung schützt unter anderem Lieferanten davor, dass Kunden die Rechnungen nicht zahlen können oder wollen. Die Lieferanten würden sonst auf Vorkasse bestehen - was die Händler angesichts knapp kalkulierter Margen überfordern könnte. Im vergangenen Jahr deckten die Kreditversicherer laut GDV Lieferungen im Wert von 411 Milliarden Euro ab.

Euler Hermes ist mit einem Marktanteil von 43 Prozent der mit Abstand größte Warenkreditversicherer in Deutschland, dahinter rangieren Coface und Atradius. Die Beitragseinnahmen in der Warenkreditversicherung lagen 2019 bei 817 Millionen Euro, die Versicherer mussten gut 400 Millionen an Schäden begleichen.

VERHANDLUNGEN ÜBER PANDEMIEFONDS

Diskussionen über Vorschläge von Versicherern für einen separaten Pandemiefonds in Deutschland dauerten noch an, sagte Asmussen. Dieser solle Unternehmen helfen, mit Betriebsunterbrechungen aufgrund künftiger Pandemien umzugehen. Ein solcher Fonds würde den Unternehmen nach Einschätzung von Experten schnelle Liquiditätshilfen bieten, bis staatliche Rettungsmaßnahmen ergriffen werden könnten.

Asmussen plädierte zudem dafür, dass Versicherer von den Aufsichtsbehörden die Möglichkeit erhalten sollten, Dividenden auszuschütten, wenn sie eine solide Kapitalposition aufwiesen. Die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen, Eiopa, hatte die Konzerne gebeten, Dividendenzahlungen zunächst auszusetzen, aber einige prominente Versicherungsfirmen wie die Allianz und Axa haben diesen Rat ignoriert. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin hatte im Gegensatz zur Eiopa keinen Anlass für ein grundsätzliches Ausschüttungsverbot bei Versicherern gesehen.

Den Banken hatten die Aufseher der Europäischen Zentralbank (EZB) empfohlen, wegen der Corona-Krise bis zum 1. Januar 2021 auf die Auszahlung von Dividenden und auf Aktienrückkäufe zu verzichten. Hier teilt die BaFin die Auffassung ihrer europäischen Kollegen und will auch künftig mindestens zu allergrößter Zurückhaltung mahnen.