Carlo Bertazzo, der vorher die Holding Edizione der Milliardärsfamilie Benetton geführt hatte, signalisierte in einem Zeitungsinterview am Freitag Verhandlungsbereitschaft im Ringen um die lukrative Konzession für mehr als 3000 Kilometer Autobahnen und Mautstraßen: "Wir geben der Regierung die konkrete Möglichkeit, eine ausgewogene Lösung im Interesse der Allgemeinheit zu finden", sagte er der Zeitung "La Stampa". In Unternehmenskreisen hatte es geheißen, Atlantia seit bereit zu Gesprächen über eine Senkung der Mautgebühren und über die Bedingungen des Konzessionsvertrags, der noch bis 2038 läuft.

Führende Mitglieder der italienischen Regierung - vor allem aus der 5-Sterne-Bewegung - hatten einen schnellen Entzug der Konzession für den Betreiber Autostrade per l'Italia (ASPI) gefordert, an dem Atlantia zu 80 Prozent beteiligt ist. Sie werfen ASPI vor, durch Versäumnisse und Schlampereien für den Einsturz einer Autobahnbrücke bei Genua verantwortlich zu sein, bei dem vor eineinhalb Jahren mehr als 40 Menschen ums Leben kamen. Ministerpräsident Paolo Conte hatte kürzlich aber gesagt, bis zur Entscheidung über einen Konzessions-Entzug sei es noch lange hin.

Bertazzo entschuldigte sich im ersten Interview seit seinem Amtsantritt "bei den Familien der Opfer und allen Italienern". Sein Vorgänger war wegen seines harten Kurses gegenüber der Regierung und mangelnden Mitgefühls mit den Opfern in die Kritik geraten.

Bertazzo bekräftigte, ohne die Konzession drohe ASPI die Pleite. Der Autobahnbetreiber steht für ein Drittel des Gewinns von Atlantia. An der Holding ist die Familie Benetton mit rund 30 Prozent beteiligt. Der neue Firmenchef deutete an, dass der Konzern auch bereit sei, sich von Mehrheitsbeteiligungen etwa am Flughafen in Rom oder am elektronischen Mautsystem Telepass zu trennen. "Nichts ist tabu", sagte er. "Es hängt von der Qualität der Partner ab und von der Möglichkeit, mit ihnen mehr Wert zu schaffen." Die Wirtschaftszeitung "Il Sole 24 Ore" berichtete am Freitag, auch eine Abspaltung von ASPI stehe wieder zur Debatte. Politiker und Investoren würden das begrüßen, hieß es in dem Bericht. Sieben Prozent an dem Autobahnbetreiber gehören dem Münchner Versicherer Allianz.