Von Charley Grant

NEW YORK (Dow Jones)--Astrazeneca prasst mit 39 Milliarden Dollar bei der Übernahme von Alexion Pharmaceuticals, und sieht dabei auch noch wie ein Gewinner aus - zumindest, wenn es bei dieser Summe bleibt.

Am Samstag verkündete der britische Pharmagigant, er werde den Spezialisten für seltene Krankheiten für 175 Dollar pro Aktie übernehmen. Nur wenig mehr als ein Drittel davon wird in bar bezahlt, der Rest in Aktien. Gleichwohl: Astrazeneca zahlt 45 Prozent mehr, als es der Schlusskurs von Alexion am Freitag hergab.

Der Deal hat ganz offensichtliche Vorzüge für beide Seiten. Astrazenecas großer Gewinn ist das Blutkrankheitsmedikament Soliris, das einen Jahresumsatz von rund 5 Milliarden Dollar generiert. Neben dem Krebsmedikament Tagrisso gehört es künftig zu den umsatzstärksten Produkten auf Seiten des Käufers. Es ist auch unwahrscheinlich, dass ein Konkurrenzprodukt für Soliris in den nächsten Jahren auf den Markt kommen wird. Überdies zögern Patienten mit seltenen Krankheiten seit jeher einen Wechsel bei der Behandlung, selbst wenn ein Medikament mit besseren Eigenschaften auf den Markt kommt.

Die große öffentliche Aufmerksamkeit, die Astrazeneca in jüngster Zeit zuteil wurde, drehte sich um seinen Impfstoffkandidaten gegen Covid-19. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass das Vakzin nach Zulassung für lange Zeit einen bedeutenden Teil des Umsatzes ausmachen wird. Der Kauf von Alexion ist da weitaus bedeutender. Astrazeneca schätzt, dass der Gewinn pro Aktie durch den Zukauf in den nächsten drei Jahren um mindestens 10 Prozent steigen wird. Die Übernahme unterstütze die "progressive Dividendenpolitik" von Astrazeneca, hieß es ferner. Das deutet auf später einmal steigende Gewinnausschüttungen hin.


  Alexion-Kurs zeigt den Wert von Soliris nur unzureichend 

Der Aktienkurs von Alexion ist seit einem Höchststand im Jahr 2015 um 40 Prozent gesunken, trotz enormer Cashflows. Pharmaunternehmen, bei denen ein einziges Produkt den Großteil ihres Umsatzes ausmacht, werden häufig zu niedrigen Gewinnmultiples gehandelt. Im Fall von Alexion steht Soliris für mehr als 80 Prozent des prognostizierten Umsatzes für 2020. Die Aktie wird deshalb nur mit dem 10-fachen der bereinigten Gewinnprognose gehandelt. Ein Vermögenswert wie Soliris ist nach dieser Logik für ein größeres, stärker diversifiziertes Unternehmen wie Astrazeneca wertvoller als derzeit für Alexion.

An den Kartellbehörden wird der Deal nicht scheitern, trotzdem sollten Astrazeneca-Aktionäre den möglichen zusätzlichen Dividendenschub noch nicht einpreisen. Denn Alexion könnte auch für andere Interessenten attraktiv sein. Schließlich gibt es in der Pharmabranche keinen Mangel an großen Unternehmen mit langfristigen Wachstumsherausforderungen und dicken Geldbörsen. Und der am Samstag genannte Übernahmepreis ist vergleichsweise niedrig. Ein interessierter Bieter sollte keine Probleme haben, ihn zu überbieten, obwohl Alexion Astrazeneca in einem solchen Fall wegen Vertragsbruchs 1,2 Milliarden Dollar schulden würde.

"Angesichts der aufgeblähten Kurse am Markt glauben wir, dass Investoren mehr verlangen könnten" - von Astrazeneca "oder einem anderen Erwerber", schrieb Analyst Geoffrey Porges von SVB Leerink seinen Kunden am Samstag.

Daher sollten Anleger die Entwicklung des Alexion-Aktienkurses nach Wiederaufnahme des Handels am Montag genau im Blick behalten. Je stärker er sich entwickelt, desto wahrscheinlicher wird, dass Astrazeneca-CEO Pascal Soriot den Deal noch einmal versüßen muss.

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December 14, 2020 05:35 ET (10:35 GMT)