(neu: Äußerungen aus Telefonkonferenz u.a. zu Exportlizenzen, Umsatzausfall im ersten Quartal sowie zum Jahresausblick)

HERZOGENRATH (dpa-AFX) - Der rasant wachsende Bedarf an effizienteren Elektronikchips für E-Mobilität, Energiewende und Digitalisierung treibt die Nachfrage bei Aixtron weiter an. Während der Auftragseingang im ersten Quartal wuchs, erwiesen sich fehlende Exportlizenzen für fertige Anlagen als spürbare Belastung für Umsatz und Gewinn. Hier musste Aixtron teils deutliche Einbußen verkraften, zugleich fielen die Kennziffern schlechter aus als am Markt erwartet. Den Anlegern an der Börse schmeckten die anhaltenden Lieferverzögerungen nicht, schließlich verspricht der Vorstand schon seit einiger Zeit Besserung. Zudem gehen die Probleme auch auf einen kritischeren Blick der Regierung auf bestimmte Abnehmerländer zurück. Die Aixtron-Papiere brachen am Donnerstag ein

Das Problem im Export fertiger Anlagen besteht schon seit dem vergangenen Jahr. Allerdings hatte Unternehmenschef Felix Grawert noch Ende Februar betont, dass die Genehmigungen nach und nach eintrudeln dürften. Wie er nun am Donnerstagnachmittag in einer Telefonkonferenz mit Analysten sagte, hätten Behörden zusätzliche Schutzmechanismen an den Maschinen verlangt, damit sie nur dafür verwendet werden könnten, wofür sie auch bestellt worden seien. Das sei im ersten Quartal umgesetzt worden. Daher dürften die fehlenden Ausfuhrgenehmigungen bald erteilt werden. Konkret rechnet Grawert mit einem größeren Teil der Lizenzen binnen eines Quartals, spätestens bis Jahresende aber sollte das Problem gelöst sein.

Damit scheinen sich die Befürchtungen von Branchenexperte zu bewahrheiten, dass die zuständigen Stellen in der Bundesregierung genauer hinschauen könnten, welche Anlagen etwa nach China geliefert werden.

So sehen sich westliche Chipindustrieausrüster wie etwa ASML vermehrt mit strikten Auflagen aus den USA und anderen Ländern konfrontiert. Erst im März schränkten die Niederlande den Export bestimmter Maschinen zur Produktion modernster Mikrochips nach China ein und verwiesen dabei auf die "(inter)nationale Sicherheit" als Grund.

Die Aixtron-Aktien weiteten ihre Verluste am Nachmittag nach den Ausführungen des Konzernchefs aus. Zuletzt stand bei einem Kurs von 24,90 Euro ein Minus von rund zehn Prozent zu Buche. Damit droht eine Verfinsterung des Chartbildes, sollte der Kurs auch zum Handelsschluss unter der Unterstützungszone um die 25 Euro liegen. Zwar dürften sich die Konsenserwartungen für Aixtron erst einmal nicht wesentlich ändern, doch sorgten die Lieferverzögerungen für Unsicherheit, schrieb Analyst Jürgen Wagner vom Investmenthaus Stifel in einer ersten Einschätzung.

Die Erlöse von Aixtron fielen in den drei Monaten bis Ende März im Jahresvergleich um 13 Prozent auf 77,2 Millionen Euro, wie das im Index der mittelgroßen Börsenwerte MDax notierte Unternehmen in Herzogenrath mitteilte. "Mit den ursprünglich vorgesehenen Auslieferungen hätte der Umsatzerlös deutlich über dem des Vorjahresquartals gelegen", teilte Aixtron der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX mit. In der Telefonkonferenz konkretisiert Grawert das und sprach von Erlösen von rund 70 Millionen Euro, die durch das Fehlen der Ausfuhrgenehmigungen nicht hätten realisiert werden können. Der Umsatz sei aber nicht verloren, sondern verschiebe sich nur, betonte er.

Noch deutlicher als der Umsatz brach der Gewinn ein, maßgeblich waren hier auch höhere Forschung- und Entwicklungskosten. Zudem stellte das Unternehmen aufgrund der hohen Nachfrage zahlreiche neue Mitarbeiter ein: Die Zahl der Beschäftigten stieg (auf Vollzeitstellen umgerechnet) in den drei Monaten bis Ende März um knapp 80 auf 974.

Das operative Ergebnis sank um drei Viertel auf 3,5 Millionen Euro. Die Gewinnmarge vor Zinsen und Steuern liegt mit nur fünf Prozent deutlich unter dem 2023er-Ziel von 25 bis 27 Prozent. Unter dem Strich verdiente Aixtron zum Jahresstart 3,5 Millionen Euro nach 13,8 Millionen vor einem Jahr. Mit Umsatz und Gewinn verfehlte das Unternehmen die durchschnittlichen Analystenschätzungen deutlich.

Trotz des mauen Auftakts beim Umsatz bleibt Grawert zuversichtlich, 2023 die Erlöse um mindestens ein Viertel auf 580 bis 640 Millionen Euro steigern zu können. Sollte das Exportproblem bald behoben sein, könnte der Ausblick durchaus auch nochmal im positiven Sinne Thema werden, sagte der Manager auf Nachfrage eines Analysten. So weit sei es aber noch nicht.

Er stützt sich auf einen Auftragsbestand für Anlagen von knapp 418 Millionen Euro per Ende März - 60 Prozent mehr als vor einem Jahr. Im ersten Quartal kamen sieben Prozent mehr Bestellungen herein, das Ordervolumen stieg auf fast 140 Millionen Euro. Damit ist fast ein Viertel des unteren Endes der Jahreszielspanne von 600 bis 680 Millionen Euro erreicht.

Der Konzern profitiert weiter von der Nachfrage nach Maschinen zur Herstellung von Verbindungshalbleitern. Diese Aixtron-Anlagen zur Herstellung der Grundlage von Elektronikchips auf Basis von Galliumnitrid (GaN) und Siliziumkarbid (SiC) sind trotz der Flaute in einigen Teilen der Chipbranche begehrt. Solche Chips sind kleiner, energieeffizienter und temperaturbeständiger als klassische Siliziumchips. Damit können sie mehr Strom schneller leiten.

Das ermöglicht Schnellladetechnik für Heimelektronik und E-Autos, den sparsameren Betrieb von Daten- und Serverzentren, genauso wie bestimmte 5G-Mobilfunk-Anwendungen. Große Chipkonzerne stecken viel Geld in den Bau neuer Werke und den Kapazitätsausbau, da die Nachfrage für viele Jahre hoch sein dürfte. Zudem fördern die USA und Europa den Bau von Chipfabriken, um die Abhängigkeit von China und Taiwan zu verringern.

Mehrere Großkunden hätten Aixtron mit dem Aufbau von Hochvolumenproduktionen für GaN und SiC beauftragt, hieß es am Donnerstag weiter. Allein GaN-bezogene Bestellungen hätten im ersten Quartal mehr als ein Drittel des Anlagenauftragseingangs ausgemacht. So würden die Kunden derzeit vermehrt neue Anwendungsbereiche erschließen - etwa in den mittleren Spannungsklassen und der Solarenergie. Dem Bereich SiC komme weiter der Ausbau der Elektromobilität zugute. Anlagen für Optoelektronik-Halbleiter, wie sie für Laserchips zur Datenübertragung oder 3D-Sensorik für die Gesichtserkennung gebraucht werden, sowie Anlagen zur Herstellung von Mikro-LED seien ebenfalls gefragt./mis/ck/tav/jha/nas/he