HERZOGENRATH (dpa-AFX) - Für den Halbleiterindustrie-Ausrüster Aixtron scheint es nach einem schwächeren ersten Quartal wieder besser zu laufen. Ein hoher Auftragsbestand und die Entspannung in der Corona-Krise hatten Aixtron-Vorstand Bernd Schulte jüngst zuversichtlich gestimmt, den Rückstand in den kommenden Monaten aufholen und die bisherigen Jahresziele erreichen zu können. Was beim Unternehmen los ist, was Experten sagen und wie sich die Aktie entwickelt.

DAS IST LOS BEI AIXTRON:

Im ersten Quartal bekam Aixtron vor allem die Zurückhaltung der Kunden im Frühjahr und Sommer 2019 zu spüren - sowie in begrenztem Umfang auch die Corona-Krise. Nachdem die Kundschaft im Vorjahr weniger geordert hatte, fiel der Umsatz nun im Vergleich zum Vorquartal um 45 Prozent. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) betrug minus 1,1 Millionen Euro, nachdem das Unternehmen im Vorquartal noch ein positives Ebit von mehr als 14 Millionen Euro erwirtschaftet hatte.

Für das Gesamtjahr 2020 peilt der Spezialanlagenbauer aber weiterhin einen im Vergleich zum Vorjahr mindestens stabilen Umsatz zwischen 260 und 300 Millionen Euro an. Vor Steuern und Zinsen (Ebit) sollen davon 10 bis 15 Prozent hängen bleiben. Um diese Ziele zu erreichen, muss es im restlichen Jahr aber besser laufen. Dazu beitragen sollte der Auftragsbestand von mehr als 146 Millionen Euro (per Ende März). Das ist ein Viertel mehr als noch Ende 2019.

Mitte Mai teilte Aixtron mit, dass Vorstandschef Bernd Schulte zum 31. März 2021 auf eigenen Wunsch in den Ruhestand geht. Sein Nachfolger wird das bisherige Vorstandsmitglied Felix Grawert. Außerdem soll der Vorstand um eine Position erweitert werden.

Der 1983 gegründete Anlagenbauer aus der Nähe von Aachen mit seinen rund 700 Mitarbeitern hat sich auf die Halbleiterbranche sowie die Telekommunikations- und Optoelektronik spezialisiert. Gefragt sind derzeit vor allem LED-Anlagen sowie Anlagen zur Herstellung von Lasern und 3D-Sensoren, etwa für Smartphones. Dabei profitiert Aixtron auch vom Ausbau des neuen 5G-Mobilfunkstandards. Den Hauptteil seines Geschäfts macht Aixtron in China.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Nach dem Jahreshoch Mitte Februar bei 11,59 Euro hat sich der Wert der Aixtron-Papiere - vor allem im Zuge des Corona-Crash - innerhalb von fünf Wochen nahezu halbiert, konnte sich dann aber wie der Gesamtmarkt schnell wieder von den Verlusten erholen.

Zuletzt notierte die Aktie bei rund 9,70 Euro und damit noch acht Prozent unter dem Niveau vor Beginn des Corona-Crashs. Zum Vergleich: Der Kleinwerteindex SDax verlor seit Mitte Februar zehn Prozent und das Minus des Technologie-Auswahlindex TecDax, in dem das Unternehmen ebenfalls gelistet ist, beläuft sich auf rund ein Prozent.

Die Aixtron-Aktie orientiert sich generell an der Kursentwicklung der Chiphersteller und -zulieferer, deren stark zyklisches Geschäft regelmäßig zu heftigen Kursbewegungen führt. Bei Aixtron waren diese Ausschläge in den vergangenen Jahren rund um die Vorlage der jeweiligen Quartalszahlen besonders heftig.

Dabei bewegte sich das Papier seit Mitte 2018 überwiegend in der Spanne zwischen acht und zwölf Euro und damit für Aixtron sogar in relativ ruhigen Bahnen - schließlich ging es die Jahre davor noch heftiger zu. So war der Wert der Aktie von seinem Zwischenhoch bei 34 Euro Anfang 2011 bis auf Kurse unter drei Euro Anfang 2016 abgestürzt.

Das niedrige Kursniveau hatte dann auch dazu geführt, dass Aixtron kurzzeitig sogar in den Fokus der großen Politik rückte. Grund dafür war ein Gebot des chinesichen Investors Fuijan Grand Chip (FGC), der Aixtron für 6 Euro je Aktie oder 676 Millionen Euro übernehmen wollte. Die Übernahme scheiterte allerdings am Veto des damaligen US-Präsidenten Barack Obama, der wegen der US-Aktivitäten des nordrhein-westfälischen Unternehmens Sicherheitsbedenken anmeldete.

Für die Anleger war das letzendlich ein Segen, da der Maschinenbauer jetzt wieder fast 1,1 Milliarden Euro wert ist. Von dem Niveau Anfang des Jahrtausends ist Aixtron allerdings meilenweit entfernt - schließlich gehört das 1997 an die Börse gebrachte Unternehmen zu den Höhenfliegern der Dotcom-Blase.

Von einem um mehrere Kapitalerhöhungen und der Währungsumstellung bereinigten Ausgabepreis von rund zwei Euro ging es bis auf fast 90 Euro im Sommer 2000 nach oben - damals wurde Aixtron mit mehr als fünf Euro bewertet. Mit dem Zusammenbruch des Neuen Marktes stürzte das Papier aber bis auf das Rekordtief von 2,04 Euro Anfang 2003 ab.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Experten beurteilten Aixtron zuletzt fast durchweg positiv. Der Ausrüster der Halbleiterindustrie habe als eines von wenigen Branchenunternehmen die Vor-Corona-Ziele nicht zurückgezogen, lobte Deutsche-Bank-Analyst Uwe Schupp. Alle von Aixtron gefertigten Produkte mit Ausnahme von 3D-Sensoren zeigten Wachstum. Zudem sichere das Unternehmen die Lieferketten ab.

Auch sein Kollege Janardan Menon von Liberum Capital äußerte sich positiv. Er sieht die Aixtron-Aktie als attraktive Anlage, die gesunde kurzfristige Aussichten für das operative Geschäft mit einem längerfristig starken Wachstumspotenzial bei der OLED- und der MicroLED-Technologie kombiniere.

Die Geschäftszahlen für das erste Quartal wurden hingegen eher durchwachsen kommentiert. So schrieb Charlotte Friedrichs von der Privatbank Berenberg zwar von einem unerwartet hohen Auftragseingang, kritisierte jedoch, dass Umsatz und Ebit klar niedriger als von ihr prognostiziert ausgefallen seien. Ein ähnliches Fazit zog Andrew Gardiner von der britischen Investmentbank Barclays.

Markus Jost vom Analysehaus Independent Research monierte ebenfalls die verfehlten Erwartungen und merkte an, dass die aktuellen Konjunkturrisiken nicht ausreichend im Aktienkurs eingepreist seien. Sein Kollege Malte Schaumann von Warburg Research schrieb hingegen von einem erwartet trägen Start ins Jahr 2020.

Von den sechs im dpa-AFX-Analyser gelisteten Experten raten zwei Drittel zum Kauf der Aktie. Nur einer spricht sich für Verkaufen aus. Das durchschnittliche Kursziel der Experten auf Sicht von zwölf Monaten liegt bei etwas mehr als zehn Euro./edh/stw/he/zb/