TOULOUSE/CHICAGO (dpa-AFX) - Anlaufprobleme bei neuen Flugzeugtypen haben dem Luftfahrt- und Rüstungskonzern Airbus im Sommer einen herben Gewinneinbruch eingebrockt. Kurz vor Jahresende versucht der Konzern noch einmal aufzudrehen: Statt gut 650 Verkehrsflugzeugen, wie bisher geplant, sollen in diesem Jahr jetzt mehr als 670 neue Jets die Werkshallen verlassen, wie Finanzvorstand Harald Wilhelm am Mittwoch ankündigte. Der Rivale Boeing will 2016 mit 745 bis 750 Flugzeugen etwa fünf Maschinen mehr die Werkshallen verlassen als zuvor geplant.

Beide Hersteller haben in verschiedenen Bereichen mit durchaus vergleichbaren Problemen zu kämpfen - die Folgen in der Bilanz sind aber völlig unterschiedlich. Im dritten Quartal erzielte der Airbus-Konzern mit knapp 14 Milliarden Euro ein Prozent weniger Umsatz als ein Jahr zuvor. Der um Einmaleffekte bereinigte operative Gewinn (Ebit) sackte wegen hoher Anlaufkosten und vergleichsweise niedrigen Verkaufspreisen für die ausgelieferten Jets um 21 Prozent auf 731 Millionen Euro zusammen. Der Konzernüberschuss brach sogar um 87 Prozent auf nur noch 50 Millionen Euro ein. Letzteres erklärte Wilhelm mit einer deutlich gestiegenen Steuerquote.

Neben der Verkehrsflugzeugsparte warfen auch das Rüstungs- und Raumfahrt-Geschäft sowie die Hubschraubertochter deutlich weniger ab als ein Jahr zuvor. Probleme mit Zulieferern für den neuen Großraumjet A350 und die Verhandlungen um den Pannen-Militärflieger A400M halten den Konzern aber weiter in Atem. Konzernchef Tom Enders machte von seinen Zielen für 2016 dennoch keine Abstriche.

Einmalbelastungen gibt es bei Airbus in diesem Jahr zuhauf. Wegen der Verspätungen bei der A350 und schwerwiegenden Problemen mit den Turboprop-Triebwerken des Militärtransporters A400M hatte der Konzern zur Jahresmitte 1,4 Milliarden Euro zur Seite gelegt. Beim jüngsten Großraumjet-Typ A350 machen Airbus weiterhin Probleme in der Lieferkette zu schaffen. Bei dem Streit mit Zulieferern geht es um Verspätungen etwa bei der Innenausstattung wie Sitzen und Toiletten.

Boeing hingegen kann mit einer Steuergutschrift teure Probleme an anderer Stelle übertünchen. Im dritten Quartal fuhr der Konzern unter dem Strich einen Gewinn von 2,3 Milliarden US-Dollar (2,1 Mrd Euro) ein und damit gut ein Drittel mehr als ein Jahr zuvor. Boeing-Chef Dennis Muilenburg setzte seine Erwartungen für das laufende Jahr daher am Mittwoch deutlich herauf.

Erst im zweiten Quartal war der Airbus-Rivale Boeing wegen Problemen mit gleich drei Flugzeugtypen in die Verlustzone gesackt und hatte seine Gewinnprognose für 2016 deutlich zusammengestrichen. Im dritten Quartal musste der Hersteller sogar einen Umsatzrückgang von acht Prozent auf 23,9 Milliarden Dollar verkraften. Der Gewinn im operativen Geschäft sackte um zwölf Prozent nach unten. Der Steuereffekt machte dies unter dem Strich aber mehr als wett.

Boeing hatte die Aktionäre in diesem Jahr schon mehrfach mit schlechten Nachrichten geschockt. Zudem musste das Unternehmen die Produktion seines größten Modells, des Jumbo-Jets 747-8, mangels Aufträgen auf nur noch sechs Maschinen pro Jahr herunterfahren. Für teuren Ärger sorgte das neue Tankflugzeug für das US-Militär.

Wie Airbus arbeitet Boeing daran, seine betagteren Flugzeugmodelle mit moderneren Triebwerken und weiteren Verbesserungen sparsamer zu machen. Zeitlich hinken die Amerikaner den Europäern aber hinterher. Bei den Riesenjets steht Airbus mit seiner doppelstöckigen A380 vor ähnlichen Problemen wie die Amerikaner: Mangels Neuaufträgen streicht der Hersteller die Produktion des Jets ab 2018 deutlich zusammen./stw/she

Unternehmen im Artikel: Airbus Group, Boeing Co