(neu: Airbus-Kritik an Pandemie-Politik, aktualisierte Aktienreaktion)

TOULOUSE (dpa-AFX) - Der Luftfahrt- und Rüstungskonzern Airbus ist trotz des Geschäftseinbruchs in der Corona-Krise mit schwarzen Zahlen ins Jahr 2021 gestartet. Unter dem Strich stand ein Gewinn von 362 Millionen Euro nach einem Verlust von 481 Millionen ein Jahr zuvor, wie Airbus am Donnerstag in Toulouse mitteilte. Dennoch macht sich Konzernchef Guillaume Faury keine Illusionen. "Die Krise ist für unsere Branche noch nicht vorüber." Kritik äußerte der 53-jährige Franzose an einer fehlenden Krisen-Koordination in Europa - das sei "Gegenwind für die Erholung der Luftfahrt".

Eine Verbesserung der Lage erwartet Faury erst in der zweiten Jahreshälfte. Dennoch will er in diesem Jahr mindestens so viele Verkehrsflugzeuge ausliefern wie 2020. Airbus geht davon aus, dass sich der Markt zuerst bei Inlandsflügen und kürzeren Strecken erholt. Bei internationalen Flügen mit Großraumflugzeugen werde es Zeit brauchen, so Faury. Finanzchef Dominik Asam sagte, man sei noch nicht über den Berg. "Ich sehe einen positiven Trend, aber es ist noch zu früh, den Sieg auszurufen."

An der Börse kamen die Nachrichten gut an. Die Airbus-Aktie lag am frühen Nachmittag in Paris mit rund zwei Prozent im Plus bei 101,30 Euro und war damit einer der stärksten Werte im französischen Leitindex Cac 40. Seit dem Jahreswechsel hat ihr Kurs um rund 13 Prozent zugelegt. Von dem Rekordhoch von 139,40 Euro vom Januar 2020 ist die Aktie jedoch immer noch weit entfernt.

Analyst Stephan Bauer vom Bankhaus Metzler bescheinigte Airbus einen guten Start in das Jahr. Wie andere Branchenexperten lobte er den Zufluss freier Barmittel als dicke Überraschung. Im Durchschnitt hätten Analysten hier sogar mit einem negativen Wert gerechnet.

Konzernchef Faury monierte den Umgang mit der Corona-Krise in Europa. "Die mangelnde Koordination der Maßnahmen, die vor allem in Europa ergriffen werden, wenn es um Ausgangsbeschränkungen, Lockdown, Reisebeschränkungen, Quarantäne, Tests und so weiter geht, führt zu einer Reisesituation, die in Europa bei weitem schlechter ist als in den anderen vergleichbaren Märkten." Das bereite der Branche Sorge.

Für Airbus lief es im ersten Quartal dennoch besser als gedacht. Zwar fiel der Umsatz mit knapp 10,5 Milliarden Euro zwei Prozent niedriger aus als im Vorjahreszeitraum, als die Corona-Pandemie im März die Welt voll erfasste. Doch der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Sondereffekten (bereinigtes Ebit) sprang von 281 Millionen auf 694 Millionen Euro nach oben. Damit übertraf Airbus die durchschnittlichen Erwartungen von Analysten.

Während die Erlöse in allen drei Konzernsparten bestenfalls stagnierten, legte der Gewinn im Tagesgeschäft durchweg zu. Konzernchef Faury erklärte die Entwicklung mit mehr ausgelieferten Verkehrsflugzeugen, einer Senkung der Kosten sowie den positiven Beiträgen aus dem Hubschrauber-, Rüstungs- und Raumfahrtgeschäft.

Im ersten Quartal lieferte Airbus 125 Verkehrsflugzeuge aus, drei mehr als im Vorjahreszeitraum. Unterdessen stornierten Kunden Bestellungen über 100 Maschinen. Andererseits holte Airbus Neuaufträge über 39 Jets herein. Wegen der Branchenkrise hat der Hersteller seine Flugzeugproduktion um rund 40 Prozent zurückgefahren. Die Produktion der gefragten Mittelstreckenjets aus der A320neo-Modellfamilie soll in der zweiten Jahreshälfte aber wieder von 40 auf 45 Maschinen pro Monat steigen.

Insgesamt hält Faury für das laufende Jahr an seinem Plan fest, mindestens so viele Verkehrsflugzeuge auszuliefern wie im Krisenjahr 2020. Damals hatte der Hersteller 566 Maschinen an seine Kunden übergeben.

Zudem hat sich das Management zum Ziel gesetzt, dass der Konzern vor Fusionen, Übernahmen und Kundenfinanzierungen mindestens einen positiven Barmittelzufluss erreicht. Im ersten Quartal lag dieser Wert bei plus 1,2 Milliarden Euro. Der Konzern erklärte dies mit positiven Effekten beim Umlaufvermögen - wie der verstärkten Auslieferung produzierter Flugzeuge.

Der Fokus liege weiterhin auf einer Kontrolle der Betriebskosten und der Entwicklung der Barmittel, sagte Faury. Ende März kam Airbus auf eine Nettoliquidität von 5,6 Milliarden Euro und damit 1,3 Milliarden mehr als zum Jahreswechsel.

Unterdessen treibt das Management den Abbau Tausender Arbeitsplätze voran und will die Flugzeugproduktion in Deutschland und Frankreich neu aufstellen. "Wir denken, es ist die richtige Zeit dafür", sagte Faury mit Blick auf die Krise und die vorerst stark verringerte Produktion.

In Deutschland und Frankreich sollen jeweils neue Unternehmen entstehen, die vollständig zu Airbus gehören. Ziel sei es, den Produktionsablauf zu optimieren. Airbus plant außerdem die Gründung einer neuen Einheit mit Sitz in Deutschland, die sich auf die Fertigung von Einzelteilen und Kleinkomponenten konzentriert. Diese soll aus der Konzerntochter Premium Aerotec hervorgehen. Für die künftige Aufstellung in Spanien laufen Gespräche. In Deutschland hat die IG Metall bereits Widerstand gegen die Pläne angekündigt.

Der Airbus-Rivale Boeing meldete in dieser Woche den sechsten Quartalsverlust in Folge. Der US-Konzern leidet nicht nur wie Airbus unter den Folgen der Pandemie. Boeing muss sich erst noch vom Debakel um seinen Mittelstreckenjet 737 Max erholen, der nach zwei tödlichen Abstürzen lange nicht abheben durfte./stw/nau/mis