TOULOUSE (dpa-AFX) - Airbus hat im zweiten Corona-Jahr mehr als 600 Verkehrsjets ausgeliefert und seine Position als weltgrößter Flugzeugbauer verteidigt. Dank eines Schlussspurts im Dezember fanden im Gesamtjahr 611 Maschinen den Weg zu den Kunden, wie der europäische Hersteller am Montagabend in Toulouse mitteilte. Damit blieb der Dax-Konzern aller Voraussicht nach das dritte Jahr in Folge vor dem US-Rivalen Boeing, der bis Ende November lediglich 302 Passagier- und Frachtjets ausgeliefert hatte.

Das Niveau von 863 Auslieferungen aus dem Rekordjahr 2019 war für Airbus jedoch wie schon im ersten Corona-Jahr 2020 unerreichbar. Nach dem Einbruch des Luftverkehrs infolge der Pandemie im Frühjahr 2020 hatte der Hersteller seine Produktion um rund 40 Prozent gedrosselt und im Gesamtjahr nur 566 Maschinen an seine Kunden übergeben.

"Auch wenn noch Unsicherheiten bestehen, sind wir auf dem richtigen Weg, die Produktion im Laufe des Jahres 2022 zu steigern", sagte Airbus-Chef Guillaume Faury. Denn die Nachfrage nach neuen Maschinen hat wieder deutlich angezogen. Insgesamt sammelte Airbus im vergangenen Jahr Bestellungen über 771 Passagier- und Frachtflugzeuge ein, rund doppelt so viele wie im Vorjahr. Nach Abzug von 264 Stornierungen blieben davon 507 übrig. Der Auftragsbestand schrumpfte damit auf 7082 Maschinen.

Während das Geschäft mit großen Langstreckenflugzeugen noch stark unter den weltweiten Reisebeschränkungen leidet, waren bei Airbus vor allem Kurz- und Mittelstreckenjets gefragt. Auf die A320-Familie, deren Neuauflage A320neo sowie den kleineren Typ A220 entfielen 533 der ausgelieferten Maschinen - ein Anteil von 87 Prozent. Bei den Großraumjets kamen die A350 auf 55 und die A330neo auf 18 Auslieferungen. Zudem lieferte Airbus die letzten fünf Exemplare des doppelstöckigen Riesenjets A380 aus, dessen Produktion mangels Nachfrage eingestellt wurde.

Bei den Neubestellungen stand allein die A320neo-Familie für 661 Maschinen - ein Anteil von 86 Prozent. Die größten Aufträge kamen von dem Flugzeugfinanzierer ALC sowie den Fluggesellschaften Wizz Air, Frontier und United Airlines.

Bei den Großraumjets kamen brutto nur 46 Bestellungen herein. Dazu zählten ein Auftrag des deutschen Ferienfliegers Condor, der seine Langstreckenflotte mit 16 A330neo erneuert sowie Bestellungen für elf Exemplare des neuen Großraumfrachters A350F.

In den Bestellungen der A320neo-Familie sind auch einige Exemplare der neuen Langstreckenversion A321XLR enthalten. Mit diesem Modell sollen sich Flüge etwa von Mitteleuropa in die USA mit weniger Passagieren rechnen als bislang.

Airbus hat mit der Entwicklung dieser Version schon vor der Pandemie begonnen. Allerdings erholt sich der Verkehr auf der Langstrecke langsamer von der Corona-Krise als auf der Kurz- und Mittelstrecke, was die A321XLR für mehr Fluggesellschaften interessant machen könnte. Der Erstflug solle noch im laufenden Jahr stattfinden, sagte Airbus-Verkaufschef Christian Scherer in einer Telefonkonferenz. Die erste Auslieferung sei weiterhin für 2023 geplant.

Nachdem der Hersteller die Produktion der A320-Familie in der Krise von rund 60 auf 40 Maschinen pro Monat zurückgefahren hat, steuert er inzwischen neue Rekorde an. Nach monatlich etwa 45 Jets Ende 2021 soll es bis Sommer 2023 schrittweise auf 65 Maschinen nach oben gehen, wie Airbus-Chef Faury bekräftigte. Das wären so viele wie nie zuvor. Für Mitte des Jahrzehnts hat der Manager sogar bis 75 Maschinen pro Monat im Auge.

Wie stark Airbus die Produktion in der Zeit nach 2023 tatsächlich ausweitet, werde noch in diesem Jahr entschieden, sagte Faury in der Telefonkonferenz. Derzeit befinde man sich noch in der Prüfungsphase, und Airbus führe dazu Gespräche sowohl mit den Zulieferern als auch mit den Kunden.

Eine Prognose zu den Bestellungen im neuen Jahr wollte Verkaufschef Scherer nicht abgeben. Allerdings solle ein im Dezember angekündigter Großauftrag der französisch-niederländischen Air France-KLM über 100 Jets in den kommenden Wochen unterschrieben werden. Zudem gab der Hersteller am Abend eine Bestellung des Flugzeugfinanzierers Azorra über 22 Exemplare des Airbus A220 bekannt.

Konkurrent Boeing leidet unterdessen noch immer unter den Nachwirkungen der Flugverbote für seinen Mittelstreckenjet 737 Max. Während die Auslieferungen des Modells inzwischen wieder zunehmen und große Neubestellungen hereinkamen, musste der Hersteller die Auslieferung seines Langstreckenjets 787 "Dreamliner" über Monate hinweg aussetzen. Wie viele Auslieferungen der US-Konzern im vergangenen Jahr geschafft hat und wie die Auftragsbilanz aussieht, will er an diesem Dienstag (11. Januar) bekannt geben./stw/ajx