Von Trefor Moss

LONDON (Dow Jones)--Um wieder profitabel zu werden, muss Adidas nach eigenen Angaben zunächst sein Geschäft in China in Ordnung bringen. Vor zwei Jahren stellte sich die Sportbekleidungsmarke gegen die chinesische Regierung und zahlte dafür mit Marktanteils- und Umsatzverlusten. Jetzt, da das Unternehmen unter dem neuen Vorstandsvorsitzenden Björn Gulden eine globale Wende einläutet, präsentiert es sich als Pekings Verbündeter bei der Förderung von Sport und lokaler Kultur. Adidas sponsert staatlich geförderte Veranstaltungen und unterstützt offizielle Kultur- und Sportprogramme, darunter auch die Produktion einer Fernsehsendung, in der chinesische Sporthelden gelobt werden. Das Unternehmen arbeitet auch mit chinesischen Starathleten zusammen und entwickelt mehr Produkte, die speziell auf lokale Verbraucher ausgerichtet sind. Die Verbesserung der Volksgesundheit durch mehr Sport ist zu einem der wichtigsten Ziele von Präsident Xi Jinping geworden. Die Bemühungen kommen zu einer Zeit, in der viele US-amerikanische und europäische Firmen mit den ausufernden Spannungen zwischen Peking und dem Westen sowie mit dem Aufkommen cleverer lokaler Konkurrenten zu kämpfen haben.

"Wir haben Höhen und Tiefen erlebt, aber wir machen weiter", sagt Adidas-China-Chef Adrian Siu. "Wir sind hier, um die chinesische Regierung bei der Förderung des Sports zu unterstützen und den Menschen zu einem besseren Leben zu verhelfen."

Adidas versucht, sich von einer Reihe von Schwierigkeiten der vergangenen Jahre zu erholen, darunter der Verlust der lukrativen Yeezy-Partnerschaft mit Kanye West und die Schließung seiner Geschäfte in Russland nach der Invasion in der Ukraine. Die Herzogenauracher hatten sich 2021 mit Peking überworfen, als sie sich zusammen mit anderen westlichen Unternehmen, darunter H&M und Nike, verpflichteten, keine Baumwolle aus der chinesischen Region Xinjiang zu verwenden. Nach Angaben der USA und anderer westlicher Regierungen haben die Behörden in Xinjiang Millionen von Uiguren und anderen Minderheiten inhaftiert und viele von ihnen zur Zwangsarbeit gezwungen. China hat die von ausländischen Researchern gesammelten Beweise als Gerüchte abgetan und behauptet, es entwickle die Region.


   Chinas Verbraucher bemängelten geringen Respekt für China 

Die Haltung des deutschen Unternehmens zu Xinjiang löste einen nationalistischen Konsumentenboykott von Adidas aus, der seit längerem dessen Absatz in China beeinträchtigt, das bis vor kurzem der wichtigste Wachstumsmarkt für die Marke war. Tausende von Verbrauchern brandmarkten Adidas in den sozialen Medien mit der Begründung, die Marke habe China nicht respektiert. Und etwa 35 prominente chinesische Influencer, mit denen Adidas zusammengearbeitet hatte, verließen die Marke nach Angaben von Managern umgehend. Adidas bleibt dabei, dass es keine Baumwolle aus China beziehen will. Aber das Unternehmen arbeitet weiterhin mit Dutzenden von chinesischen Lieferanten zusammen, die seine Kleidung und Schuhe herstellen. Im vergangenen Jahr, als die Lockdowns in Shanghai und anderen Großstädten den Umsatz in China weiter drückten, belief sich der Umsatz von Adidas in Asien auf etwa 5,4 Milliarden Euro. Damit lag er um ein Drittel unter dem Spitzenwert, den das Unternehmen 2019 in der Region erzielt hatte.

Für Adidas ist es eine dringende Aufgabe, sein China-Geschäft zu sanieren, da schnell wachsende chinesische Konkurrenten versuchen, Marktanteile zu erobern. Vor zwei Jahrzehnten dominierten Adidas und Nike den chinesischen Sportbekleidungsmarkt, doch heute führen Anta Sports und Li Ning eine Reihe lokaler Newcomer an, die die westlichen Marken in den Schatten zu stellen drohen. Im vergangenen Jahr hielten Nike und Adidas nach Angaben des Datenanbieters Euromonitor einen Anteil von jeweils 15,3 Prozent und 9,7 Prozent am chinesischen Sportbekleidungsmarkt, während Anta auf 14,8 Prozent und Li-Ning auf 9,9 Prozent kamen. Heimische Konkurrenten haben ausländischen Marken während der Pandemie erfolgreich weitere Marktanteile abgenommen, so Gulden auf der Bilanzkonferenz im Mai. Dennoch zeige der Wiederaufbau des Unternehmens in China erste Ergebnisse, da die Nachfrage steige und die Lagerbestände sänken. "Es ist das erste Mal seit vielen, vielen Quartalen, dass ich das sehe." Adidas-Führungskräfte räumen hinter vorgehaltener Hand ein, dass das Unternehmen in China wahrscheinlich nicht wieder den Marktanteil erreicht, den es einmal hatte. Da jedoch davon ausgegangen wird, dass der chinesische Sportbekleidungsmarkt in den kommenden Jahren weiter stark wachsen wird, dürfte Adidas den Umsatz steigern, wenn das Unternehmen seinen Marktanteil von etwa 10 Prozent halten könnte, heißt es.


   Adidas sponsert wieder chinesische Sportstars 

Unter Siu, der vor einem Jahr die Leitung des China-Geschäfts übernommen hat, versucht Adidas, sein Image sorgfältig zu verbessern. "Wir haben uns stärker auf Sport konzentriert, da die chinesische Regierung die Menschen dazu ermutigen will, mehr Sport zu treiben", sagt der China-Chef. Adidas konzentriert sich besonders auf Basketball, Laufen, Snowboarding und Tennis. So arbeitet Adidas mit Regierungsorganisationen wie dem chinesischen Leichtathletikverband zusammen. Mit diesem organisiert das Unternehmen eine Reihe von Leichtathletikveranstaltungen, um den Sport in den Stadtzentren beliebter zu machen. Das zeigt: Die Rehabilitierung des Unternehmens hat den Segen hoher Regierungsvertreter. Der Konzern sponsert auch Großveranstaltungen wie den jüngsten Shanghai-Halbmarathon, bei dem das dreistreifige Adidas-Logo deutlich zu sehen war. Das Sponsoring bedeutet eine Kehrtwende gegenüber dem Jahr 2021, als sich die Organisatoren des Laufs weigerten, T-Shirts mit dem Adidas-Logo während der Kontroverse um die Baumwolle aus Xinjiang zu verteilen. Und in den vergangenen Monaten hat Adidas eine neue Riege chinesischer Sport-Influencer zusammengestellt - erstmals seit dem massenhaften Ausstieg seiner lokalen Partner im Jahr 2021. Dazu gehören der Tennisstar Wu Yibing, der im Februar die Dallas Open gewann, und Su Yiming, der bei den Olympischen Winterspielen in Peking im vergangenen Jahr Gold im Snowboardfahren holte.


   Förderung kultureller und sportlicher Veranstaltungen 

Das Unternehmen hat außerdem eine strategische Partnerschaft mit der China Literature and Art Foundation unterzeichnet, in deren Rahmen Adidas kulturelle und sportliche Veranstaltungen unterstützt. Dazu gehören Schul- und Universitätsprogramme sowie die Finanzierung einer staatlichen Fernsehdokumentation über chinesische Pioniere des 20. Jahrhunderts bei Sport und Bildung. Nach den erdrückenden Lockdowns im vergangenen Jahr zieht es die Chinesen zum Sport, und junge Menschen fühlen sich zunehmend zu Produkten und Erfahrungen hingezogen, die die traditionelle Kultur aufgreifen, so Siu. Ein Crossover zwischen Sport und Kultur, das bei den chinesischen Verbrauchern auf Resonanz stößt, ist die von der Kampfkunst von Wuji inspirierte Bekleidungslinie. Die Kollektion 2023 wurde nach Motiven aus Sun Tzus "Die Kunst des Krieges" entworfen. Adidas richtete 2019 ein Kreativzentrum in Shanghai ein, um mehr Produkte zu entwerfen, die auf chinesische Verbraucher zugeschnitten sind - eine Praxis, die für viele westliche Marken in China inzwischen Standard ist. Bald wird etwa ein Drittel der in China verkauften Adidas-Produkte vor Ort entwickelt worden sein.

"2023 ist ein Jahr der Transformation" für Adidas in China, wie Siu erläutert. Nach zwei Jahren der Rückschläge "müssen wir als relevante Marke wahrgenommen werden".

Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

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May 22, 2023 05:17 ET (09:17 GMT)