Von Khadeeja Safdar and Inti Pacheco

NEW YORK (Dow Jones)--Adidas-CEO Kasper Rorsted und leitende Manager in Deutschland haben bereits vor vier Jahren das Risiko der Fortsetzung einer Zusammenarbeit mit Kanye West erörtert. Laut Informanten und vom Wall Street Journal eingesehenen Dokumenten befürchtete das Management, dass die Geschäftsbeziehung jederzeit platzen könnte.

In einer Präsentation 2018 für den gesamten Vorstand wurden die Risiken für Mitarbeiter, die mit Kanye West interagieren, hervorgehoben und detaillierte Strategien zur Entschärfung der Beziehung mit dem Yeezy-Gründer vorgestellt. Darunter war auch die Beendigung der Geschäftsbeziehung zu dem Rapper und späteren Designer, wie aus den Dokumenten hervorgeht.

Anstatt sich zu trennen, als die Bedenken geäußert wurden, so die Informanten, veranlassten die Vorstände die Leiter der Geschäftseinheiten, verschiedene Vorschläge mit West auszutauschen, damit Adidas an der erfolgreichen Yeezy-Partnerschaft festhalten konnte. Diese machte nach Schätzungen von Analysten 8 Prozent des Jahresumsatzes aus.

Diese Bemühungen, die Yeezy-Partnerschaft aufrechtzuerhalten, wiederholten sich im September 2022, als der Adidas-Vorstand zusammenkam, um Wests jüngste öffentliche Ausbrüche zu diskutieren, so die Informanten.

West, der seinen Namen in Ye geändert hat, traf sich Mitte September mit Adidas-Managern und forderte mehr Geld und Kontrolle über die Marke Yeezy, so Personen, die mit dem Treffen vertraut sind. Während des Treffens zeigte er den Adidas-Führungskräften einen Ausschnitt aus einem Pornovideo und beschuldigte sie, seine Entwürfe zu stehlen, so die Informanten Personen. Kurz nach dem Treffen, so die Informanten, stimmte Adidas einigen von Wests Forderungen zu: Das Unternehmen bot West die Möglichkeit, Yeezy-Schuhe direkt an die Verbraucher zu verkaufen, und das Eigentum an zukünftigen Designs sowie einen Anteil am Umsatz mit Yeezy-ähnlichen Produkten. Der Vorschlag sah vor, die Partnerschaft bis mindestens 2026 fortzusetzen, so die Personen.

West war damit nicht zufrieden und verlangte bis zu 3 Milliarden Dollar, so die Informanten. Wochen später, nachdem West bei seiner Modenschau ein "White Lives Matter"-T-Shirt getragen und antisemitische Kommentare in den sozialen Medien gepostet hatte, erklärte Adidas, dass es die Yeezy-Partnerschaft beenden würde. Zwischenzeitlich hatte das Management Informanten zufolge auch diskutiert, wie Wests eskalierendes Verhalten zu Gunsten des Unternehmens wirken könnte, indem es sich auf eine Moralklausel berufen und den Vertrag beenden könnte.

West reagierte nicht auf Bitten um eine Stellungnahme und hat es zuvor abgelehnt, sich zu den Vorfällen mit dem Unternehmen zu äußern.

Adidas sagte vergangene Woche, dass es eine Untersuchung der Situation einleite, nachdem das Unternehmen einen anonymen Brief erhalten hatte, in dem West jahrelanges Fehlverhalten gegenüber Adidas-Mitarbeitern vorgeworfen wurde und das Adidas-Management ein Auge zugedrückt habe. Rolling Stone hatte zuvor über den Brief und die Beschwerden der Mitarbeiter berichtet.

Dieses mutmaßliche Verhalten - das West teilweise in den sozialen Medien zugegeben hat - und die Bemühungen des Unternehmens, Yeezy trotzdem zu behalten, waren laut ehemaligen und aktuellen Adidas- und Yeezy-Mitarbeitern nicht neu. Einige der Mitarbeiter sagten, sie hätten ihre Bedenken über Wests Verhalten im Laufe der Jahre gegenüber Adidas-Führungskräften und -Personalmanagern geäußert, auch im Jahr 2018.

Trotz der geschäftlichen Erfolge habe es hinter den Kulissen Spannungen gegeben. Derzeitige und ehemalige Mitarbeiter sagen, West habe Mitarbeiter vor Kollegen abgekanzelt und sich manchmal Pornografie bei der Arbeit angesehen, was 2018 der Personalabteilung zur Sprache gebracht wurde. Außerdem habe er sich gelegentlich vor Adidas-Mitarbeitern rassistisch und antisemitisch geäußert, so auch 2018, als er vorschlug, ein Album nach Hitler zu benennen. CNN hatte darüber berichtet. West reagierte nicht auf Bitten um eine Stellungnahme zu diesen Vorwürfen. Bei einem Treffen mit Adidas-Führungskräften, einschließlich eines Vorstands, habe sich den Mitarbeitern zufolge der Schwerpunkt verlagert auf Beschwerden darüber, wie das Unternehmen intern mit der Kontroverse umging.

Im Oktober 2018 führten Adidas-Führungskräfte eine gründliche Untersuchung der Yeezy-Partnerschaft durch, die Führungskräften in Deutschland, darunter auch Rorsted, präsentiert wurde. In der Präsentation wurden Optionen für den Umgang mit West geprüft, der laut Dokumenten zum Kreativdirektor von Adidas ernannt werden wollte.

Unter anderem evaluierten die Manager den Dokumenten zufolge die Rotation wichtiger Mitarbeiter in direktem Kontakt mit West. Ein Vorschlag bestand darin, Yeezy als eigenständige Marke zu führen, was Wests Einfluss begrenzen würde. Eine andere Option bestand darin, die Yeezy-Marke zu kaufen und ohne West zu führen, wie aus den Dokumenten hervorgeht. Den Dokumenten zufolge wollte West sich auszahlen lassen, um sich auf die Philanthropie zu konzentrieren.

Ein weiterer Vorschlag, der als "sofortige Entschärfung" bezeichnet wurde, bestand darin, sich von West zu trennen, die verbleibenden Yeezy-Produkte zu verkaufen und sie durch andere Einnahmequellen zu ersetzen, einschließlich der Produkte anderer Stars, wie aus den Dokumenten hervorgeht. Der Vorstand entschied sich damals für die Fortsetzung der Vereinbarung mit West.

Kontakt zu den Autoren: unternehmen.de@dowjones.com

DJG/DJN/uxd/kla

(END) Dow Jones Newswires

November 28, 2022 02:05 ET (07:05 GMT)