Zürich (awp) - Chefwechsel bei ABB: Nach vier Jahren an der Spitze des Industriekonzerns übergibt der mittlerweile 65-jährige Björn Rosengren den Stab im Sommer an Morten Wierod. Rosengren hat den Konzern umgebaut und für die Zukunft neu aufgestellt.

Rosengren wird Ende Juli als CEO abtreten und die Leitung an Wierod übergeben, wie ABB am Freitag mitteilte. Damit wurde eine interne Lösung gefunden, denn der 52-jährige Norweger arbeitet seit 1998 für ABB und sitzt seit rund fünf Jahren in der Geschäftsleitung.

Wierod tritt in grosse Fussstapfen, denn der Leistungsausweis Rosengrens, der vom schwedischen Werkzeughersteller Sandvik zu ABB gewechselt hatte, kann sich sehen lassen. Einst als Bewerber für ein Praktikum bei ABB abgelehnt - eine Anekdote die er schmunzelnd erzählte - gilt er heute als Architekt der "neuen" ABB, auch wenn der Umbau bereits unmittelbar vor seinem Antritt im März 2020 eingeleitet wurde.

Rosengren hat ABB schlanker aufgestellt und die operative Hauptverantwortung auf die Divisionen verteilt. Unter seiner Führung wurden unter anderem die Sparten Mechanical Power Transmission (Dodge) und Power Conversion verkauft sowie das Geschäft mit Turboladern für Diesel- und Gasmotoren unter dem Namen Accelleron an die Börse gebracht.

Rentabilität markant verbessert

"Ich werde nicht glücklich sein, ehe die operative Marge von ABB mindestens 15 Prozent erreicht hat", liess Rosengren kurz nach seinem Antritt bei ABB verlauten, wo er den mit wenig Fortune agierenden Ulrich Spiesshofer ersetzte. Dieses Ziel hat er schneller erreicht als angekündigt, entsprechend wurde die Messlatte für die Finanzziele weiter nach oben geschraubt.

Freude an Rosengren hatten auch die Investoren. Der Aktienkurs von ABB erreichte im März 2020 unmittelbar nach Beginn seiner Amtszeit - von der Pandemie mitverursacht - Tiefststände von unter 15 Franken. Das Vertrauen in Rosengren wuchs indes stetig und damit auch der Börsenwert. Am gestrigen Donnerstag markierten die Titel ein neues Allzeithoch bei knapp 41 Franken.

Rosengren wurde für sein Schaffen auch fürstlich entlöhnt. Im vergangenen Jahr verdiente er knapp 9,7 Millionen Franken, wie aus dem ebenfalls am Freitag publizierten Geschäftsbericht hervorgeht. Mit dem Verdienst aus den drei Jahren davor summiert sich das Salär auf total rund 35 Millionen.

Eine offene Baustelle bleibt

Der neue Chef Wierod übernimmt aber auch eine Baustelle; nämlich den noch hängigen Börsengang der Division E-Mobility. Das Geschäft mit Ladestationen für E-Autos wollte ABB ursprünglich im Jahr 2022 an die Börse bringen. Der Teilbörsengang wurde dann vorerst wegen des damals schwachen Börsenumfelds verschoben.

Später räumte Rosengren interne Probleme bei E-Mobility als Grund für die weitere Verzögerung ein. Zuerst muss der Leistungsausweis der Division, sprich die Profitabilität, wieder auf Vordermann gebracht werden, so der Plan.

Das sollte für Wierod kein allzu grosses Problem darstellen, denn er ist mit dem Konzern vertraut. Er hatte die Division Antriebstechnik geführt, ehe er vor zwei Jahren den Bereich Elektrifizierung übernahm. VR-Präsident Peter Voser lobte in der Mitteilung denn auch dessen "grosse Expertise in den wichtigsten Kundensegmenten" und "seine starke Leistungsbilanz".

Wierod "logischer Nachfolger"

Auch wenn Rosengrens Abgang vielleicht ein paar Monate früher kommt als gedacht, ist er keine Überraschung. Und in Marktkreisen wird die Ernennung Wierods als CEO grundsätzlich begrüsst. Dieser sei ein logischer Nachfolger, schliesslich habe er die beiden grössten Einheiten des Konzerns geführt und sei als Kronprinz für den CEO-Posten gehandelt worden, hiess in Analystenkommentaren

Allenfalls werde Wierod gar noch mutiger und ehrgeiziger auftreten als sein Vorgänger, so die Hoffnung. Dass die Aktie nach dem zuletzt sehr starken Lauf auf die Ankündigung mit einem kleinen Rücksetzer reagiert, wird in Marktkreisen auf die Unsicherheiten zurückgeführt, welche ein Chefwechsel - bei allen Vorschusslorbeeren für Wierod - dennoch mit sich bringt.

cf/mk