Der neue ABB-Chef will weitere Teilbereiche des Elektrotechnik-Konzerns auf den Prüfstand stellen.

"Das Portfoliomanagement wird künftig eine noch größere Rolle spielen", sagte Björn Rosengren am Mittwoch anlässlich einer Analysten-Präsentation. ABB habe Geschäfte, die nicht gut genug arbeiteten. Könnten diese nicht saniert werden, werde er vor Verkäufen nicht zurückscheuen. Einzelheiten zur Überprüfung des Portfolios will Rosengren im November bekannt geben. "Wir machen das auf unsentimentale Art", sagte der Schwede.

Rosengren stellt aber auch klar, dass angesichts der Coronavirus-Krise gegenwärtig kein guter Zeitpunkt für Verkäufe sei. "Wir sind nicht bereit, etwas zu verschenken", sagte der frühere Chef des Spezialmaschinenbauers Sandvik. "Wir erwarten viel Geld für diese Geschäfte." Während ABB auch kleinere Zukäufe anpeile, plane der Zürcher Konzern gegenwärtig keine größeren Akquisitionen.

Rosengren treibt den Umbau in einem schwierigen Umfeld voran. Das Unternehmen stehe wegen der Pandemie und des Ölpreisrückgangs vor herausfordernden Quartalen. Beide Faktoren hätten zu einer sinkender Nachfrage geführt, insbesondere vom Firmen aus der Automobilindustrie und der Stromerzeugungs-Branche. Auch Reisebeschränkungen und Engpässe in den Lieferketten beeinträchtigten das Geschäft. Dennoch bekräftigte Rosengren die mittelfristigen Ziele. Der Siemens-Konkurrent peilt unter anderem ein jährliches Umsatzwachstum von drei bis sechs Prozent und eine operative Gewinnmarge von 13 bis 16 Prozent an. "Ich werde nicht zufrieden sein, bevor wir nicht 15 Prozent erreicht haben", sagte er nach 100 Tagen im Amt. 2019 kam ABB auf 11,1 Prozent. Nach der Verbesserung der Profitabilität will Rosengren dann das Umsatzwachstum ankurbeln.

ABB krankt seit Jahren an einem unbefriedigenden Wachstum, obwohl der Konzern Megatrends wie Automatisierung, erneuerbare Energie oder Elektromobilität bedient. Nachdem der aktivistische Großanleger Cevian genau dies schon seit Jahren geforderte hatte, kündigte ABB im Dezember 2018 eine Vereinfachung der komplizierten Organisationsstruktur und den Verkauf der Stromnetzsparte an.

Rosengren soll nun diesen Umbau abschließen. Er kann dabei auf Unterstützung von Cevian und vom größten Aktionär, der schwedischen Wallenberg-Familie, zählen. Rosengren will ABB weiter dezentralisieren und den 18 Teilbereichen Verantwortung und auch Mitarbeiter übertragen. Im Gegenzug soll die Zentrale schrumpfen. Waren Anfang 2019 noch rund 18.000 Mitarbeiter in Konzernfunktionen tätig, sollen es künftig weniger als 1000 sein. Insgesamt beschäftigt ABB rund 144.000 Menschen. Mit den Erlösen aus dem Stromnetz-Verkauf an die japanische Hitachi will ABB trotz der unsicheren Zeiten Aktien zurückzukaufen. Bankern zufolge hat das auch damit zu tun, dass ABB nicht zu einen Übernahmeziel für einen Käufer wird, der es auf das Bargeld abgesehen hat.