Zürich (awp) - Der Technologiekonzern ABB hat am Mittwoch mit zwei Nachrichten auf sich aufmerksam gemacht. In seiner südkoreanischen Niederlassung hat der Konzern eine massive Unterschlagung und Veruntreuung von Geldern durch einen Angestellten entdeckt, die laut einer derzeitigen Schätzung die Ergebniszahlen 2016 mit rund 100 Mio USD belasten wird. Daneben gab ABB die Nomination eines Vertreters des Grossaktionärs Cevian in den ABB-Verwaltungsrat bekannt.

Der Treasurer der südkoreanischen ABB-Tochter wird verdächtigt, Unternehmensgelder veruntreut zu haben. Er habe dabei Unterlagen gefälscht und mit Dritten zusammengearbeitet. Der Mann verschwand am 7. Februar 2017, worauf ABB die finanziellen Unstimmigkeiten entdeckte.

Das Unternehmen habe unmittelbar darauf eine umfassende Untersuchung eingeleitet, in die unabhängige kriminaltechnische und juristische Experten involviert seien, teilte ABB mit. Zudem arbeite der Konzern mit der örtlichen Polizei unter Einbindung von Interpol zusammen. Zudem seien die Kontostände der weltweiten Bankkonten überprüft worden, die "spezielle Situation" treffe aber ausschliesslich auf Südkorea zu.

GESCHÄFTSBERICHT ERSCHEINT SPÄTER

ABB habe auch schadensmindernde Massnahmen eingeleitet, um die auf 100 Mio USD geschätzten Auswirkungen auf die Bilanz deutlich zu reduzieren. Dazu gehören die Rückgewinnung veruntreuter Gelder, die Anmeldung von Rechtsansprüchen und die Nutzung von Versicherungen.

Als Konsequenz der laufenden Untersuchung wird ABB den Geschäftsbericht für das Jahr 2016 bis spätestens 16. März. Zuvor war die Veröffentlichung des Berichts für den 23. Februar geplant. Für das Geschäftsjahr 2016 hatte ABB im Februar einen Gewinn von 1,96 Mrd USD ausgewiesen, nach 1,93 Mrd im Jahr davor.

ABB BETONT INTERNE KONTROLLPROZESSE

ABB hat nicht das erste Mal mit Kriminalität oder Fehlverhalten zu kämpfen. Wegen Fällen von Korruption führte ABB 2006 eine strikte Nulltoleranzpolitik ein. Auf diese verwies der Konzern auch am Mittwoch. Man unterhalte die höchsten Standards in Sachen Integrität und ethischem Geschäftsverhalten, hiess es.

Erst vor rund zwei Wochen hatte das Unternehmen allerdings bekannt geben müssen, dass die britische Strafverfolgungsbehörde SFO gegen die britischen ABB-Töchter und deren Angestellte eine Untersuchung wegen Bestechung und Korruption eingeleitet hat. Der Hinweis kam vom Konzern selbst nach einer internen Untersuchung. Ein ABB-Sprecher betonte gegenüber der Nachrichtenagentur sda, dass die beiden Fälle nicht vergleichbar seien. Die internen Kontrollprozesse bei ABB griffen "sehr gut".

CEVIAN BAUT EINFLUSS AUS

Im Verwaltungsrat von ABB baut derweil der Grossaktionär Cevian Capital seinen Einfluss aus. Lars Förberg, Managing Partner von Cevian, wird an der nächsten ordentlichen Generalversammlung vom 13. April zur Wahl in das Gremium vorgeschlagen, wie ABB am Mittwoch separat mitteilte. Nicht zur Wiederwahl stehen derweil Robyn Denholm und Michel de Rosen. Dadurch wird der ABB-Verwaltungsrat von bisher elf auf zehn Mitglieder reduziert.

Förberg ist Mitgründer der Investmentgesellschaft Cevian. Laut der Mitteilung verfügt über langjährige Erfahrung als Verwaltungsratsmitglied und Investor in verschiedenen Branchen und Regionen, so ist er Mitglied des Wahlausschusses von AB Volvo. Cevian Capital ist mit 6,2% an ABB beteiligt und damit nach Investor AB mit einem Anteil von 10% grösster Anteilseigner.

AKTIE WENIG BEWEGT

An der Börse hat sich der ABB-Kurs wenig von den Nachrichten beeindruckt gezeigt. So startete der Titel an einer richtungslosen Börse positiv in den Handel, bis am Mittag ist er allerdings ins Minus gefallen und notiert mit 23,12 CHF um 0,1% unter dem Vortagesschluss. Es sei davon auszugehen, dass zumindest ein Teil der 100 Mio etwa dank Versicherungen wieder zurückfliessen könne, hiess es bei der ZKB. Etwas Unterstützung erhielten die ABB-Titel von einer positiven Studie der US-Investmentbank Morgan Stanley.

tp/uh