MONTABAUR/MAINTAL (dpa-AFX) - Für den Mobilfunker 1&1 Drillisch rückt ein Ende der 5G-Auktion dank einer Regeländerung langsam näher. Zeit wird es. Noch nie hat eine Frequenzauktion in Deutschland dermaßen lange gedauert wie dieses Mal. Und solange noch geboten wird, liegen sämtliche Preisverhandlungen mit der Konkurrenz für die Netzmiete auf Eis. Bei Drillisch bleibt man dennoch gelassen, denn das Ziel ist klar: Ein eigenes Netz muss her. An der Börse wirft das allerdings Fragen auf. Was bei Drillisch los ist, was Analysten sagen und was die Aktie macht.

DAS IST LOS BEI 1&1 DRILLISCH:

"Es zieht sich", kommentierte ein Drillisch-Sprecher die andauernde Frequenz-Versteigerung der neuen, fünften Generation. Die Bieter, zu denen neben 1&1 Drillisch auch die Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica zählen, haben mittlerweile weit über 450 Runden hinter sich und dabei inzwischen fast 6,3 Milliarden Euro geboten.

Das ist weit mehr als Fachleute erwartet hatten. Zum Vergleich: Der bisherige Höchstwert aus dem Jahr 2010 lag bei 224 Runden. Damals kamen aber nur rund 4,4 Milliarden Euro in die Staatskasse. Die Auktion endet erst, wenn keines der beteiligten Unternehmen mehr ein Gebot abgibt. Um den Vorgang zu beschleunigen, entschied die Bundesnetzagentur am Mittwoch, das Mindest-Zusatzgebot deutlich zu erhöhen. So soll die Schmerzgrenze der Teilnehmer schneller ausgereizt werden.

"Wir hätten auch gedacht, dass es schon längst vorbei sein müsste", sagte der Sprecher weiter. Aber es geht nun mal um 5G, einen Mobilfunkstandard, der nicht einfach nur eine schnellere Datenübertragung ermöglichen soll, sondern den Unternehmen auch völlig neue Geschäftsfelder im Bereich des Internets der Dinge eröffnen dürfte. Und für Drillisch, der Telekommunikationstochter von United Internet, bedeuten die neuen Frequenzen noch etwas: Die Möglichkeit, ein eigenes Netz aufzubauen. Denn das hat das Unternehmen bislang noch nicht. Stattdessen mietet es Kapazitäten vor allem bei der O2-Mutter Telefonica Deutschland und auch bei Vodafone.

Um unabhängiger zu werden, muss Drillisch also bei der Auktion am Ball bleiben. Dafür hatte das Unternehmen im Winter mit einem europäischen Bankenkonsortium Kreditlinien in Höhe von 2,8 Milliarden Euro vereinbart. Zudem beschloss der Vorstand - mit Zustimmung der Aktionäre - fast den gesamten Gewinn von 2018 im Unternehmen zu belassen und nur die gesetzliche Mindestdividende von fünf Cent je Aktie auszuschütten.

Neben der 5G-Auktion treibt Drillisch derzeit noch eine Neuverhandlung bei der Netzmiete um. Unternehmenschef Ralph Dommermuth geht hier auch rückwirkend fest von Preisnachlässen aus. Das schiedsgutachterliche Verfahren dafür ruht aber, weil die Teilnehmer während der laufenden Versteigerung keine geschäftlichen Verhandlungen miteinander führen dürfen. Dadurch seien dem Konzern im ersten Quartal 2019 Mehrkosten in Höhe von rund 17,5 Millionen Euro entstanden. Umsatz und Ergebnis lagen im gleichen Zeitraum denn auch unter den Erwartungen der Analysten. Die Jahresprognose wurde aufrecht erhalten.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Trotz der Unsicherheiten rund um die 5G-Versteigerung und die damit verbundene Zukunft von 1&1 Drillisch glaubt der Großteil der Analysten an das Potential des Mobilfunkers. 9 der 13 im dpa-AFX Analyser erfassten Branchenexperten raten zum Kauf der Papiere, vier Mal lautet die Empfehlung Halten. Verkaufen würde die Aktie derzeit niemand. Und mit einem durchschnittlichen Kursziel von 46,93 Euro liegt die angepeilte Marke rund zwei Drittel über dem aktuellen Wert. Die Experten machen dennoch darauf aufmerksam, dass es bei Drillisch viel zu klären gibt.

Für LBBW-Analyst Thomas Hofmann stellen sich vor allem folgende Fragen: Wie hoch werden die Kosten für die Frequenzen sein und welche Summe wird das Unternehmen künftig für den Netzaufbau aufwenden müssen? Wie werden sich die Ergebnis- und Cashflow-Margen entwickeln? Und: Mit welcher Dividende können die Aktionäre mittelfristig wieder rechnen? Vor dem Hintergrund dieser zahlreichen Fragen sei die Bewertung der Aktie daher aktuell nur sehr vage darstellbar. Hofmann rät dennoch zum Kauf.

HSBC-Analyst Christian Fangmann plädiert dagegen auf Halten. Er rechnet damit, dass das aktive Bieterverhalten von 1&1 Drillisch zu deutlich höheren Verbindlichkeiten als ursprünglich erwartet führen könnte. Er hatte sein Kursziel im Mai entsprechend gesenkt.

DAS MACHEN DIE AKTIEN:

Sowohl die Papiere von Drillisch als auch die von United Internet leiden seit geraumer Zeit stark unter den Unsicherheiten rund um die 5G-Auktion. War die Drillisch-Aktie etwa Anfang 2018 noch über 70 Euro wert gewesen, kostete sie zuletzt keine 30 Euro mehr, ein Minus von fast 60 Prozent. United-Internet-Titel verloren im gleichen Zeitraum über 40 Prozent. Der MDax-Konzern hält knapp drei Viertel der Anteile an Drillisch./kro/eas/jha/