LEVERKUSEN (awp international) - Wechsel an der Spitze des Bayer -Kontrollgremiums: Der langjährige Aufsichtsratschef des Agrarchemie- und Pharmakonzerns Werner Wenning hat seinen Rücktritt angekündigt. Der 62-jährige ehemalige Manager des Wirtschaftsprüfers PricewaterhouseCoopers, Norbert Winkeljohann, werde mit Ablauf der Hauptversammlung Ende April auf Werner Wenning als Vorsitzender des Aufsichtsrats folgen, wie Bayer am Mittwoch in Leverkusen mitteilte.

Der 73 Jahre alte Wenning leitet den Aufsichtsrat seit 2012 und ist eigentlich bis zum Jahr 2022 gewählt. Der Manager ist ein Bayer-Urgestein: Er war über 50 Jahre für die Leverkusener tätig und von April 2002 bis September 2010 Vorstandsvorsitzender.

Der derzeitige Bayer-Chef Werner Baumann gilt als Ziehkind von Wenning. Letzterer hatte dem Manager beim umstrittenen Kauf des US-Saatgutkonzerns Monsanto Rückendeckung gegeben und ihn auch gegen heftige Aktionärskritik wegen der milliardenschweren Risiken rund um den Unkrautvernichter Glyphosat verteidigt, so hatten die Anteilseigner Baumann bei der Hauptversammlung 2019 die Entlastung verweigert.

Bayer hat sich mit Monsanto immense Rechtsrisiken ins Haus geholt. Seit 2018 haben der Konzern und seine Tochter in drei US-Prozessen um angebliche Krebsfolgen glyphosathaltiger Unkrautvernichter hohe Schadenersatz-Urteile aufgebrummt bekommen. Der Konzern hat die Schuldsprüche zwar angefochten, führt aber angesichts zehntausender weiterer Klagen auch Vergleichsverhandlungen. Viele Analysten erwarten daher, dass sich Bayer über kurz oder lang auf einen milliardenschweren Vergleich mit den zahlreichen Klägern in den USA einigt.

"Im Hinblick auf die Handhabung der rechtlichen Themen in den USA haben wir (...) Fortschritte gemacht und setzen dies fort," sagte Wenning nun laut Mitteilung vom Mittwoch. Zudem sei "Bayer strategisch und operativ auf einem sehr guten Weg - die Integration des akquirierten Agrargeschäfts verläuft sehr erfolgreich, und die angekündigten Effizienz-, Struktur und Portfoliomassnahmen kommen gut voran." Daher sei jetzt ein guter Zeitpunkt, das Amt an einen Nachfolger zu geben.

Die Rücktrittsankündigung von Wenning kommt einen Tag vor der Veröffentlichung der Geschäftszahlen für 2019. Der wichtigere Termin in der Causa Glyphosat könnte aber die Hauptversammlung Ende April werden. Sollte Konzernchef Werner Baumann das Thema bis dahin nicht vom Tisch haben, könnte sein Stuhl angesichts einer womöglich erneut drohenden Nichtentlastung durch die Aktionärsversammlung wackeln.

Für den Baader-Bank-Analysten Markus Mayer könnte der Rücktritt ein Zeichen sein, dass Wenning für das schlechte Abschneiden auf der Hauptversammlung 2019 die Verantwortung übernimmt, und so Druck von Baumann nehmen. Allerdings könnte der Rücktritt auch ein Hinweis auf weitere Veränderungen an der Spitze de Konzerns sein, schreibt Mayer. So verliere Werner Baumann einen seiner wichtigsten Unterstützer. Seine Zukunft könne nun stark von der Kursentwicklung der Aktie nach einem Glyphosat-Vergleich abhängen./mis/kro/fba