Zürich (awp/sda) - Die hohen Löhne in der Bankenbranche werden sich gemäss Urs Rohner weiter nach unten entwickeln. Für den Verwaltungsratspräsidenten der Grossbank Credit Suisse ist dies auch ein Muss.

Der Finanzsektor habe traditionell in allen Bereichen hohe Löhne bezahlt, sagte er im Interview mit der "Weltwoche". Es habe in den Jahren 2000 bis 2007 Exzesse gegeben. Doch die heutigen Spitzensaläre würden weit unter den damaligen Werten liegen. "Es hat sich schon vieles verändert. Das wird weitergehen", sagte er.

Das Problem der Branche liege auch darin, dass die gesamten Lohnkosten im Verhältnis zu den Totalkosten bei den Banken zu hoch seien, sagt er weiter. "Dieses Verhältnis gilt es zu verbessern, und die Digitalisierung bietet enorme Möglichkeiten dafür". Durch standardisierte Tätigkeiten und Automatisierungen gäbe es Produktivitätsfortschritte.

Zugleich seien die Löhne in der Branche auch eine Marktfrage. "Die Kraft des Marktes bekamen wir 2016 zu spüren", sagte Rohner. Die Konkurrenz hätte viele gute Mitarbeiter abgeworben. "Deshalb mussten wir von einem tiefen Niveau aus die Gehälter wieder gezielt anpassen".

Angesprochen auf die eigene höhere Vergütung und jene des Konzernchefs Tidjane Thiam, sagte Rohner: "Es ist wichtig, zu wissen, dass die Vergütungen für die Geschäftsleitung, wie sie letzte Woche bekannt gegeben wurden, nur dann in dieser Höhe ausbezahlt werden, wenn der zukünftige Erfolg sich einstellt und die langfristigen Ziele auch wirklich erreicht werden." Er selbst erhalte keinen variablen Lohn und habe auch freiwillig auf die Hälfte des Vorsitzhonorars verzichtet.

KAPITALZUFUHR WENIGER DRINGLICH

Mit Blick auf einen möglichen IPO sagte Rohner: Als der Plan vorgestellt wurde, 20 bis 30% der Credit Suisse Schweiz AG an die Börse zu bringen, habe noch eine grosse Unsicherheit in Bezug auf den US-Hypothekenfall bestanden. "Jetzt kennen wir die Kosten." Das gebe einen neuen Ausgangspunkt, um nochmals die Frage zu prüfen, was im besten Interesse der Aktionäre und der Gesellschaft ist.

Die Dringlichkeit der Kapitalzufuhr sei weniger hoch, als wenn die Busse höher ausgefallen wäre, so der VRP weiter. Grundsätzlich sei der Börsengang einer Schweizer Universalbank einen attraktive Option: "Es ist ein Weg, den tatsächlichen Wert des Schweizer Geschäfts aufzuzeigen." Allerdings würde die Führung der Gruppe sicher erheblich komplizierter. Es gehe um die Interessen der Minderheitsaktionäre und darum, wie viel Freiraum man der Tochtergesellschaft gibt. Das dürfe man nicht unterschätzen.

Der Verwaltungsrat werde die Kotierung sowie alle anderen Varianten mit dem Management prüfen und entscheiden, welche die beste Lösung ist. Man sei aber "nicht unter besonderem Zeitdruck", über den Börsengang zu entscheiden.

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