Der ehemalige Personalchef Peter Goerke sei im Auftrag der Bank im Februar einige Tage lang beschattet worden, erklärte das zweitgrößte Schweizer Geldhaus am Montag. Den Auftrag dazu habe der ehemals für das operative Geschäft zuständige Pierre-Olivier Bouee geben. Dies haben eine Untersuchung der Bank mit Hilfe der Anwaltskanzlei Homburger ergeben. Damit nahm die Credit Suisse Konzernchef Tidjane Thiam wie bereits in einer Beschattungs-Affäre im Herbst aus der Schusslinie. "Die neuen Abklärungen von Homburger ergaben keine Hinweise, dass der Group-CEO Tidjane Thiam, andere Mitglieder der Konzernleitung oder Mitglieder des Verwaltungsrates von der Beschattung Peter Goerkes Kenntnis hatten, bevor in den Medien darüber berichtet worden ist", erklärte die Bank.

Bouee, der die Verantwortung in der Affäre um die Überwachung des ehemaligen CS-Spitzenmanagers Iqbal Khan im September übernommen hatte und als Chief Operating Officer (COO) zurückgetreten war, wurde nun fristlos entlassen. Der Bank zufolge hätten bei der Untersuchung des Falls Khan die verantwortlichen Personen bei der Frage nach weiteren Beschattungen "nicht wahrheitsgetreu Auskunft gegeben und die Beschattung Peter Goerkes verschwiegen". Zudem seien sie darauf bedacht gewesen, keine Spuren in den Systemen der Bank zu hinterlassen.

"Die nun bestätigte Beschattung von Peter Goerke ist unentschuldbar", erklärte Credit-Suisse-Präsident Urs Rohner. "Wir sind uns bewusst, dass die Beschattungen von Iqbal Khan und Peter Goerke dem Ansehen unseres Unternehmens geschadet haben. Mit den getroffenen Maßnahmen machen wir deutlich, dass der Verwaltungsrat eine Beschattungskultur entschieden ablehnt." Einem Sprecher der Bank zufolge gehen die internen und externen Untersuchungen weiter.

CREDIT SUISSE BEKOMMT VON AUFSICHT PRÜFER ZUR SEITE GESTELLT

Ganz vom Haken ist Bankchef Thiam indes noch nicht. Wegen des erneuten Falls von Mitarbeiterüberwachung verschärft die Bankenaufsicht eine bereits laufende Untersuchung der Credit Suisse. Nach entsprechenden Medienberichten hatte die Finanzmarktaufsicht (Finma) am Freitag angekündigt, dass sie bei dem Geldhaus zusätzlich einen unabhängigen Prüfbeauftragten einsetzt, um Fragen zu den Grundsätzen der Unternehmensführung zu klären. Die Credit Suisse betonte, sie werde eng mit der Behörde und dem Prüfer zusammenarbeiten.

Den Fall ins Rollen gebracht hatte in der Vorwoche ein Bericht der "Neuen Zürcher Zeitung" (NZZ) über die Beschattung Goerkes. Die "SonntagsZeitung", die in ihrer jüngsten Ausgabe unter Bezug auf Insider über die erneute Entlastung Thiams berichtet hatte, sieht den Konzernchef als Gewinner eines Machtkampes mit Präsident Rohner. Der Ivorer habe nach wie vor die Unterstützung der wichtigsten Aktionäre und werde in den nächsten Jahren Bankchef bleiben. Rohner hingegen werde wie geplant 2021 abtreten.

Der Fall Goerke ist ein Rückschlag für die Credit Suisse, die gehofft hatte, aus den negativen Schlagzeilen zu kommen. Vergangene Woche berichtete das "Wall Street Journal" über einen weiteren Beschattungsfall: Eine ehemalige Managerin habe gegenüber US- und Schweizer Behörden erklärt, dass sie 2017 während einer Auseinandersetzung mit der Bank überwacht worden sei. Die Credit Suisse erklärte, die Vorwürfe entbehrten jeder Grundlage. Und auch im Tagesgeschäft kämpft das Geldhaus mit Gegenwind. Erst vergangene Woche ruderte die Bank bei den Geschäftszielen zurück. Die Aktien, die seit Thiams Amtsantritt fast die Hälfte an Wert verloren haben, gaben zu Wochenbeginn erneut 1,2 Prozent nach.