Zürich (awp) - Der neue Credit Suisse-Verwaltungsratspräsident, Antonio Horta-Osorio, hat Spekulationen über einen Wechsel an der Spitze der Grossbank erneut zurückgewiesen. Er wolle Konzernchef Thomas Gottstein nicht auswechseln, sagte Horta-Osorio in einem Interview mit dem "SonntagsBlick".

Auch habe er keine Pläne, selber die operative Führung zu übernehmen, sagte der Verwaltungsratspräsident weiter. Die britische Wirtschaftszeitung "Financial Times" hatte in der Vorwoche unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen geschrieben, Horta-Osorio plane die Rolle des CEO anstelle von Thomas Gottstein einzunehmen.

Woher die Gerüchte kämen, wisse er nicht, sagte Horta-Osorio nun in dem gemeinsamen Interview mit Thomas Gottstein im "SonntagsBlick": Ich kann nur mit Bestimmtheit sagen, dass Thomas Gottstein das volle Vertrauen des Verwaltungsrates hat. Thomas hat 22 Jahre Erfahrung in der Vermögensverwaltung und im Investmentbanking. In der schwierigen Phase, durch die die Bank zuletzt ging, stellte er seine Führungsqualitäten eindrücklich unter Beweis. Er ist der richtige Mann für die strategische Neuausrichtung der Bank."

Damit stärkt Horta-Osorio seinem in die Kritik geratenen CEO bereits zum zweiten Mal den Rücken: Bereits am Donnerstag hatte er in einem "Bilanz"-Artikel solche Ambitionen in Abrede gestellt.

Gottstein: Keine vergleichbaren Fälle gefunden

Gottstein seinerseits sagte im "SonntagsBlick": In der gegenwärtig kritischen Phase sei es extrem wichtig, dass der Präsident des Verwaltungsrates und der CEO eng zusammenarbeiten und harmonieren würden. "Antonio übernahm sein Amt in einer Zeit, als die Fälle Greensill und Archegos die Bank erschütterten. Wir setzen alles daran, die richtigen Lehren daraus zu ziehen."

"Wir haben die Bilanz Zeile für Zeile und Division für Division analysiert. Mit Greensill oder Archegos vergleichbare Fälle haben wir keine gefunden", sagte Gottstein weiter. Dank der Risikoanalyse und den vorgenommenen personellen Wechseln stehe die Bank heute besser da als zuvor.

VRP: Risikoappetit zügeln

Horta-Osorio betonte: "Mein Mantra lautet, dass jeder Banker ein Risikomanager sein muss. Sorgfalt und klare Verantwortlichkeiten sind entscheidend. Hier müssen wir uns verbessern. Die CS braucht einen Kulturwandel."

Die Richtung stimme, sagte der Verwaltungsratspräsident. "Die Bank konnte den Verlust von 5,5 Milliarden Dollar durch Archegos verkraften und nahm 2 Milliarden an neuem Kapital auf. Sie ist sehr robust und verfügt über höhere Kapitalpolster als zuvor."

"Wir müssen den Risikoappetit zügeln und die Anreize richtig setzen", sagte Horta-Osorio. Auch die Personalpolitik sei wichtig. "Wir fördern intern die Leute, die diese Werte teilen und Vorbilder für andere sind. Dasselbe gilt für Leute, die wir von aussen holen." Im Bereich Risikomanagement seien bereits umfangreiche Massnahmen umgesetzt worden, damit sich die Ereignisse nicht wiederholen würden.

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