Zürich (awp) - Credit Suisse-Chef Thomas Gottstein will an den Zielen der Grossbank betreffend Ausschüttungen festhalten. "Wir wollen grundsätzlich auch in Zukunft die Hälfte des Gewinns an unsere Aktionäre ausbezahlen, über Dividenden und Rückkäufe", sagte Gottstein in einem am Freitagabend vorab veröffentlichten Interview mit der "Schweiz am Wochenende".

Nachdem die CS im Frühling auf Druck der Finanzmarktaufsicht Finma den Aktionären nur eine Hälfte der Dividende ausbezahlt hatte, bleibe die Absicht, die zweite Tranche im Herbst auszubezahlen, betonte der CS-Chef. "Es ist vorgesehen, am 27. November eine ausserordentliche Generalversammlung abzuhalten, dort werden die Aktionäre entscheiden", bekräftigte er.

Jährlicher Dividendenanstieg

Die Frage der Aktienrückkäufe werde die CS nach der Generalversammlung wieder prüfen. "Die Geschäftsentwicklung und unsere starke Bilanz erlauben es uns, an unserem kommunizierten Ziel festzuhalten, weiterhin jedes Jahr 5 Prozent mehr Dividende zu bezahlen", gab sich Gottstein überzeugt.

Die in vielen Märkten bestehenden Verbote für die Banken, Dividenden auszuzuzahlen und Aktienrückkäufe zu tätigen, sind für Gottstein auch ein Grund für die schwache Aktienkursentwicklung des europäischen Bankensektors. "Denn viele institutionelle Anleger dürfen nicht in Aktien investieren, die keine Dividenden zahlen."

NAB-Optionen geprüft

Gottstein verteidigte im Interview den Ende August kommunizierten Beschluss der Bank zum Abbau von bis zu 500 Stellen und zur Verkleinerung des Filialnetzes. "Wir können es uns schlicht nicht mehr leisten, Filialen zu unterhalten, die immer weniger genutzt werden", erklärte er.

Zur Zusammenführung der Neuen Aargauer Bank (NAB) mit der CS seien auch Alternativen geprüft worden, so Gottstein: So sei auch ein Verkauf sowie ein Börsengang erwogen worden. "Aber ich würde nie eine Perle unter Buchwert verkaufen, und das wäre hier der Fall gewesen. Darum erwies sich die Integration als der beste Weg."

Schweiz als Corona-Gewinner

Aus der Corona-Krise dürfte die Schweiz trotz Staatschulden besser herauskommen als die meisten anderen europäischen Länder, sagte der CS-Chef. So gesehen werde der Wirtschaftsstandort sogar gestärkt. "Ich sehe es bereits darin, dass Family Offices und vermögende Kunden öfter in die Schweiz ziehen. Denn sie fürchten, dass im europäischen Umfeld die Steuern, auch die Vermögens- und Erbschaftssteuern, deutlich steigen werden."

Bei den Corona-Notkrediten an Schweizer Unternehmen erwartet Gottstein derweil nur tiefe Kreditausfälle. "Die Kreditausfälle dürften sich im tiefen einstelligen Prozentbereich bewegen." Er gehe zudem davon aus, dass die meisten Firmen die über fünf Jahre laufenden Kredite schon innerhalb von zwei Jahren zurückbezahlen werden.

US-Wiedereinstieg nicht ausgeschlossen

Nicht ganz ausschliessen wollte Gottstein einen Wiedereinstieg der CS in das US-Private Banking, aus dem sie 2015 vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung mit dem US-Justizdepartement ausgestiegen war. "Es gibt keine aktuellen Pläne für einen Wiedereinstieg in den US-Wealth-Management-Markt. Aber mittel- bis langfristig sollten wir es unter Einbezug der entsprechenden Regulatoren prüfen."

Auch wenn noch nichts beschlossen wurde, so gibt es laut der Zeitung in der Credit Suisse doch Vorstellungen darüber, wie im Privatebanking mit Amerikanern wieder Geld verdient werden könnte. Im Gegensatz zu früher soll die US-Vermögensverwaltung ohne Vor-Ort-Präsenz auskommen, wie am Sonntag publizierte Recherchen von CH Media zeigten.

Kunden würden also aus der Schweiz heraus beraten werden und die Bank wäre nicht mehr an die Entschädigungsregeln für Kundenberater in den USA gebunden. Dort verdienten sie am Umsatz - und das könnten "gut und gerne" 40 oder gar mehr Prozent sein. Diese Praxis sei ein wichtiger Grund dafür gewesen, dass die Credit Suisse im US-Wealth Management Geld verloren habe.

Die Credit Suisse peile zudem sehr reiche Kunden an, schreibt das Blatt weiter; sogenannte "Ultra High Net Worth Individuals". Zu solchen Kunden verfüge die CS in einer anderen Sparte, dem Investment Banking, bereits über Beziehungen. Es handele sich etwa um Tech-Unternehmer aus dem Silicon Valley.

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