Die Münchner Staatsanwaltschaft verhängte am Dienstag die Geldbuße wegen Verletzung der Aufsichtspflicht, die "die Begehung vorsätzlicher Straftaten aus dem Unternehmen heraus" möglich gemacht habe. Wie die Konzernmutter VW hatte die Tochter Dieselautos mit manipulierter Software verkauft. "Die Audi AG akzeptiert das Bußgeld und bekennt sich damit zu ihrer Verantwortung", teilte die Marke mit den vier Ringen mit. Das Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten ist so abgeschlossen, andere Ermittlungen laufen weiter, auch gegen Ex-Chef Rupert Stadler. Zudem drückt die Millionenzahlung bei Audi und bei VW 2018 auf den Gewinn.

Der Ingolstädter Autobauer gilt als Keimzelle des Abgasbetrugs im VW-Konzern. Im arbeitsteilig organisierten Zwölf-Marken-Imperium hat Audi seit geraumer Zeit bei der Entwicklung von großen Motoren mit drei Litern Hubraum den Hut auf. Die von Schummeleien betroffenen Sechs- und Achtzylinder-Dieselaggregate wurden außer in Audi-Fahrzeuge auch in Modelle von VW und Porsche eingebaut.

V6- UND V8-DIESELMOTOREN IM FOKUS

Beim Bußgeldverfahren in München ging es um V6- und V8-Dieselmotoren aus den Jahren zwischen 2004 und 2018. Zudem warf die Staatsanwaltschaft Audi vor, "nicht erkannt zu haben", dass in zwei von Volkswagen entwickelten Dieselmotoren-Typen Software verbaut war, die den Schadstoffausstoß auf dem Prüfstand drosselte. Mit dem Bußgeld schöpft die Justiz nach eigenen Angaben vor allem wirtschaftliche Vorteile ab, die der Autobauer aus seinem pflichtwidrigen Verhalten gezogen hat. Gegengerechnet wurden die Kosten für die Umrüstung betroffener Fahrzeuge - Audi musste rund 910.000 Fahrzeuge wegen möglicher Mängel bei der Abgasreinigung zurückrufen. Berücksichtigt wurden demnach auch die hohen Straf- und Vergleichszahlungen in den USA wegen des Dieselskandals - bislang mehr als zwei Milliarden Euro.

Audi hat für die Abgasaffäre seit 2016 insgesamt 2,2 Milliarden Euro zurückgestellt. Davon sind einem Firmensprecher zufolge noch 500 Millionen Euro übrig, die im Laufe dieses Jahres und des Startquartals 2019 abfließen dürften. Für das Millionenbußgeld aus München wurden aber den Angaben zufolge keine Rückstellungen gebildet, weil die nötigen Voraussetzungen dafür nicht vorlagen. Die 800 Millionen Euro schlagen jetzt als Sonderbelastung ins Kontor.

Audi kündigte an, die Ziele für das Jahr 2018 deutlich zu unterschreiten, vor allem bei der angepeilten Rendite. Details nannte das Unternehmen nicht. Audi peilte bislang eine - in der Oberklasse übliche - Marge von acht bis zehn Prozent an. Wie die Konzernmutter mitteilte, dezimiert die Geldbuße auch unmittelbar das Konzernergebnis von Volkswagen. Die mit 30,8 Prozent an VW beteiligte Porsche SE wird dadurch ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen. Sie rechnet für 2018 aber immer noch mit einem Nettogewinn von 2,5 bis 3,5 Milliarden Euro.

An der Börse halbierte die VW-Aktie zunächst ihre Kursgewinne, zog dann aber wieder an. Am Nachmittag lagen die Papiere mit 2,4 Prozent im Plus. "Im Großen und Ganzen wird die Nachricht zu Audi gar nicht so schlecht aufgenommen am Markt", sagte ein Händler. Volkswagen hätte dies als Gelegenheit nutzen können, um die Prognose zu senken. "Das haben sie aber nicht gemacht." Arndt Ellinghorst vom Analysehaus Evercore ISI schrieb, für Audi sei die Geldbuße - ähnlich wie bei VW - bewältigbar und ein Schritt in die richtige Richtung, weil so eine weitere Altlast beseitigt sei. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hatte Volkswagen im Juni ein Bußgeld von einer Milliarde Euro wegen der millionenfachen Abgasmanipulation aufgebrummt. Autoexperte Frank Schwope von der NordLB äußerte in einer Kurzanalyse die Erwartung, "dass das bei weitem noch nicht die letzten Zahlungen infolge des Diesel-Betrugs waren". Die Risiken aus weiteren Verfahren schätzte er zwischen 10 und 20 Milliarden Euro. Trotzdem sei davon auszugehen, dass der Dax-Konzern vor einem neuen Rekordjahr stehe.

Wie die Münchner Staatsanwaltschaft weiter mitteilte, hat der Bußgeldbescheid gegen Audi keine Auswirkungen auf die Ermittlungen "gegen natürliche Personen". Die Fahnder in Bayern haben eine Reihe aktueller und früherer Mitarbeiter der VW-Tochter im Visier. Der bisherige Audi-Chef Rupert Stadler sitzt seit Monaten in Untersuchungshaft. Die Abgasaffäre beschäftigt in Deutschland zudem viele weitere Strafverfolger. Die umfangreichsten Ermittlungen laufen bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig, die für den VW-Konzernsitz in Wolfsburg zuständig ist. Beim Sportwagenbauer Porsche wird ebenfalls ermittelt.