Wien (Reuters) - Der frühere OMV-Chef Rainer Seele steht unter anderem wegen der Russland-Geschäfte des Konzerns in der Kritik von Aktionären.

Der Interessensverband für Anleger (IVA) will auf der kommenden Hauptversammlung des Wiener Öl-, Gas- und Chemiekonzerns gegen eine Entlastung des Managers stimmen, wie der Aktionärsvertreter am Dienstag mitteilte. "Einige Seele-Aktionen waren in der roten Zone. Erst jetzt erkennt man die Tragweite. Hier muss für Transparenz gesorgt werden - wenn nötig mit einer Sonderprüfung oder einer Strafanzeige", sagte IVA-Chef Florian Beckermann und fügte an, dass dabei die Unschuldsvermutung gelte. Seele wollte sich auf Anfrage von Reuters nicht dazu äußern.

In der Kritik stehen mehrere Punkt:. Unter die Verantwortung des Ex-OMV-Chefs würden etwa die Milliardenabschreibungen aus dem Pipeline-Projekt Nord Stream 2 sowie einem russischen Gasfeld fallen. Zudem will der IVA, dass die "jahrzehntelangen Gaslieferverträge mit Russland ohne Ausstiegsklausel" sowie ein Sponsoring für den russischen Fußballklub Zenit St. Petersburg in der Höhe von insgesamt 25 Millionen Euro geprüft werden. "Die genannten Verträge sind ex-post zu untersuchen. Hier geht es uns im Wesentlichen darum, angesichts der geopolitischen Änderungen und Zweifel an der Compliance absolute Klarheit über das korrekte Zustandekommen dieser Verträge zu gewinnen", sagte Beckermann auf Anfrage von Reuters.

Die Russland-Abschreibungen fallen in das erste Quartal des laufenden Geschäftsjahres. Insgesamt musste die OMV Belastungen von zwei Milliarden Euro verkraften. Eine Milliarde davon resultiert aus dem Scheitern von Nord Stream 2, bei dem OMV als Finanzpartner engagiert war. Hinzu kommt eine weitere Milliarde an Belastungen aus einer Beteiligung am russischen Gasfeld Juschno Russkoje.

Der frühere Wintershall-Chef Seele stand von Mitte 2015 bis zum Frühjahr 2021 an der Spitze von Österreichs größtem Industriekonzern. Unter seiner Führung hat die OMV mit der Übernahme des Petrochemiekonzerns Borealis maßgeblich die Weichen Richtung Chemie gestellt und zuletzt ein Rekordergebnis eingefahren. Der gebürtige Deutsche stand aber auch zunehmend unter Druck. Neben internen Machtkämpfen über die Strategie machte ihm Kritik von Umweltschutzorganisationen zu schaffen.

Die Aktionärsversammlung findet am Freitag in virtueller Form statt. Auf der Agenda stehen auch Wahlen in den Aufsichtsrat. Unter anderem soll die Chefin der Staatsholding ÖBAG, Edith Hlawati, in das Kontrollgremium einziehen. Die ÖBAG verwaltet die Staatsbeteiligung an der OMV von 31,5 Prozent.