(Neui: RWE-Aussage und Aktienkurs)

ESSEN (dpa-AFX) - Die RWE-Tochter Innogy hat sich nur wenige Tage nach der jüngsten Gewinnwarnung mit sofortiger Wirkung von ihrem Chef Peter Terium getrennt. Gründe nannte Innogy dabei am Dienstagabend nicht. Jedoch signalisierte der Aufsichtsrat, dass es über die Strategie des Unternehmens mit 42 000 Mitarbeitern offensichtlich unterschiedliche Auffassungen gab. Zudem forderte das Aufsichtsgremium eine höhere Kostendiziplin. Bis ein Nachfolger gefunden ist, soll Personalvorstand Uwe Tigges den Posten des Vorstandsvorsitzenden übernehmen. Die Aktien von Innogy und RWE konnten anfangs deutliche Kursgewinne jedoch nicht halten und rutschten am späten Vormittag wieder ins Minus.

Die RWE-Ökostrom- und Netztochter hatte erst vergangene Woche wegen der andauernden Probleme auf dem britischen Markt die Gewinnprognose für 2017 gekappt. Unter anderem wegen stark gestiegener Investitionen sei zudem auch für das kommende Jahr mit einem geringeren Ergebnis zu rechnen, so Innogy. Investieren wollte das Unternehmen vor allem in Felder wie Elektromobilität, Photovoltaik und Breitband. Doch für das Brot- und Buttergeschäft wie Netze und Vertrieb gab Innogy allenfalls einen trüben Ausblick.

Dies muss vor allem dem Mutterkonzern RWE sauer aufgestoßen sein, hält RWE an Innogy rund 77 Prozent und ist stark von den Dividendenzahlungen der Ökostrom-Tochter abhängig. RWE erklärte am Mittwoch, der Konzern sehe weiter "gute Zunkunftsperspektiven" für Innogy. Allerdings forderte die Mutter einen strikteren Blick auf die Ausgaben sowie eine fokussierte Wachstumsstrategie - analog wie der Aufsichtsrat am Vorabend.

Erste Reaktionen auf den Chefwechsel waren von RWE-Aktionärsseite positiv. "Das ist eine gute Entscheidung", sagte Guntram Pehlke, der Chef der Dortmunder Stadtwerke DSW21, der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (Mittwochausgabe). "Das wird das Unternehmen nach vorne bringen." Die Dortmunder Stadtwerke sind mit 4,1 Prozent an RWE beteiligt und damit der größte kommunale Einzelaktionär. "Ich erhoffe mir neue Impulse. Jetzt muss die Führungsstruktur angepasst werden", sagte Pehlke dem Blatt.

Der Innogy-Aufsichtrat hatte einen "höheren Stellenwert der Kostendisziplin" angemahnt und forderte eine "fokussierte Wachstums- und Investionsstrategie". Terium hatte mit der Gewinnwarnung in der vergangenen Woche angekündigt, 2018 die Investitionen um ein Viertel auf 3 Milliarden Euro hochschrauben zu wollen - die Gelder sollten in Felder fließen, die der Ex-Chef als "Zukunftsprojekte" ausgemacht hatte: Digitalisierung, Elektromobilität und erneuerbare Energien. Doch auf das Tagesgeschäft fand er offenbar keine richtige Antwort.

Der Niederländer Terium hatte 2012 den Chefposten bei RWE übernommen. Nach der Entscheidung des Konzerns, im Zuge der Energiewende das Geschäft mit Erneuerbaren Energien, dem Vertrieb sowie dem Netz abzuspalten und als Innogy an die Börse zu bringen, übernahm Terium im April 2016 den Chefposten bei Innogy. Doch die als "Zukunftsgeschäft" gepriesene Innogy entwickelte sich in diesem Jahr nicht wirklich rund. Große Wachstumssprünge gab es nicht.

Im Gegenteil: Das britische Geschäft macht Innogy einen erheblichen Strich durch die Rechnung. Der Konzern hat seit längerer Zeit massive EDV-Probleme auf dem britischen Markt und in der Folge erhebliche Kundenverluste. Eine stärkere Regulierung der britischen Behörden belastete zusätzlich. Ein 2016 gestartetes Kostensenkungsprogramm reichte nicht aus, um die Einbußen auszugleichen. Kunden konnten dort vielfach nur dadurch gehalten werden, dass man ihnen Tarifwechsel mit günstigeren Konditionen bot.

Im November kündigte Innogy an, die Mehrheit an seinem britischen Vertriebsgeschäft an den britischen Versorger SSE abzugeben. Selbst zu diesem Zeitpunkt ging Terium noch davon aus, die ausgegebene Prognose erreichen zu können - was sich nur wenige Wochen später als Trugschluss herausstellte.

Doch Großbritannien ist nicht das einzige Problem. Die Ergebnisse im Geschäft mit erneuerbaren Energien gingen in den ersten neun Monaten zurück - witterungsbedingt, wie es hieß. Das Rückgrat des Unternehmens ist und bleibt damit das Netzgeschäft, das den Löwenanteil zum Innogy-Gewinn und damit zu den RWE-Dividenden beisteuert und seine Ergebnisse steigern konnte. Doch dies gelingt derzeit nur durch Kostensenkungen. Im kommenden Jahr dürfte das Ergebnis in der Sparte ebenso wie im Vertrieb sinken, hatte Innogy angekündigt. Das Geschäft mit dem Ökostrom dürfte zudem lediglich stagnieren. Dies sowie die hohen Investitionen dürften zu einem geringeren bereinigten Nettoergebnis als 2017 führen./nas/tav/stk/jha/

Unternehmen im Artikel: RWE, innogy SE