Zürich (awp) - Der Lebensmittelkonzern Nestlé publiziert am Donnerstag, 20. April die Umsatzzahlen zum ersten Quartal 2017. Zum AWP-Konsens haben insgesamt 14 Analysten beigetragen.

Q1 2017E
(in %)                      AWP-Konsens   Q1 2016A

Organisches Wachstum (OG)      2,1           3,9 
Mengenwachstum (RIG)           1,2           3,0  

Umsatz (in Mio CHF)          21'251        20'934 

FOKUS: Da Nestlé zu den ungeraden Quartalen keine Gewinnzahlen bekannt gibt, liegt der Fokus ganz klar auf den Umsatzzahlen. Die für die Branche wichtigste Kenngrösse ist dabei das organische Wachstum. Dieses setzt sich aus dem Mengenwachstum, dem sogenannten internen Realwachstum RIG, und der Preiskomponente zusammen. 2016 war diesbezüglich ein enttäuschendes Jahr für Nestlé, wobei das organische Wachstum im Gesamtjahr (3,2%) und im vierten Quartal (2,9%) auf dem jeweils tiefsten Stand dieses Jahrhunderts lag.

Das erste Quartal dürfte nun nochmals schwächer ausfallen, wobei es in Bezug auf das organ. Wachstum gemäss Analysten das schwächste des ganzen Jahres sein dürfte. Die Spezialisten rechnen gemäss AWP-Konsens mit einem Wachstum von lediglich 2,1%, wobei die Bandbreite von 1,5% bis 2,9% reicht. Für das schwache Wachstum gibt es verschiedene Gründe: So sei das Branchenumfeld in den vergangenen Monaten eher noch schwieriger geworden, meint man bei der ZKB. Zudem hatte das erste Quartal einen Kalendertag weniger (Schalttag im Jahr 2016), und die dieses Jahr späten Ostern dürften sich in gewissen Produktkategorien negativ ausgewirkt haben. Ausserdem war das erste Quartal 2016 mit +3,9% das stärkste des Jahres, so dass der Basiseffekt eine dämpfende Wirkung haben dürfte. Der Konsens von 2,1% wäre gemäss Berechnungen der ZKB der tiefste Wert der vergangenen mindestens 20 Jahre.

Neben dem Wachstum dürften auch strategische Aussagen des neuen CEOs Mark Schneider im Fokus stehen. Aufgrund der schwachen Wachstumszahlen dürfte dieser etwa die bereits seit einiger Zeit laufende Portfoliobereinigung noch beschleunigen und dabei das Kapital in Bereiche mit hohem Wachstum und einem besseren Ertragsprofil umlenken, meint man bei der Bank Vontobel. Vor allem die jüngste Ankündigung des Konkurrenten Unilever liess in dieser Hinsicht aufhorchen. Der britisch-niederländische Konsumgüterkonzern hat sich nach der abgewehrten Übernahme durch Kraft Heinz einen gründlichen Umbau verordnet, wobei das Geschäft insgesamt deutlich rentabler werden soll. Dahinter steckt vor allem auch der Druck von Finanzinvestoren wie 3G zu Kosteneinsparungen auf die gesamte Branche (siehe dazu auch Rubrik ZIELE). Ob CEO Schneider, der nun seit gut 100 Tagen als Konzernchef agiert, in dieser Beziehung grosse Ankündigungen machen wird, ist nicht anzunehmen. Eher zu erwarten wären solche anlässlich des Investoren-Seminars Ende September.

ZIELE: Nestlé erwartet gemäss aktuellem Ausblick (vom Februar) für das Jahr 2017 ein organisches Wachstum zwischen 2% und 4%, wobei sich die Preiskomponente weiter verbessern sollte. CEO Schneider hat sich damit vom Nestlé-Modell (5-6% organ. Wachstum) fürs erste auch offiziell verabschiedet, nachdem ein solches Wachstum zuletzt 2012 erreicht worden war.

Um die künftige Profitabilität zu steigern, plant Nestlé ausserdem eine "beträchtliche Erhöhung" der Restrukturierungskosten. Diese sollen dieses Jahr rund 500 Mio CHF betragen, nach 300 Mio im vergangenen Jahr. Nestlé geht daher lediglich von einer stabilen operativen Ergebnismarge bei konstanten Wechselkursen für 2016 aus (üblicherweise wird eine Verbesserung angestrebt). Zudem erwartet der Konzern eine Steigerung des (nachhaltigen) Gewinns je Aktie bei konstanten Wechselkursen und der Kapitaleffizienz. Analysten gehen davon aus, dass der Ausblick für 2017 anlässlich der Q1-Umsatzzahlen bestätigt wird.

Bis 2020 will Nestlé dank der Investitionen wieder ein mittleres einstelliges organisches Wachstum sowie erhebliche strukturelle Kosteneinsparungen erreichen.

PRO MEMORIA:

I) Grössere Akquisitionen gab es bei Nestlé zuletzt keine. Der neue CEO Schneider will zwar gemäss seinen ersten Aussagen keine grösseren Akquisitionen vorantreiben, kann sich solche grundsätzlich aber vorstellen. "Es kommt auf die richtige Zeit und den richtigen Preis an; zudem muss eine Akquisition natürlich strategisch Sinn machen", sagte er im Februar gegenüber AWP. Wenn das alles gegeben sei, dann seien Grossübernahmen nicht ausgeschlossen. Nestlé habe jedenfalls auch in der Vergangenheit mit klugen Akquisitionen die Marktstellung beharrlich ausgebaut und verbessert.

Weitere Portfoliobereinigungen, wie sie bereits unter dem früheren CEO und jetzigen VRP Paul Bulcke angestossen wurden, sind zu erwarten. Zuletzt (10.4.) wurde bekannt, dass Nestlé in Verhandlungen mit dem Tiefkühlkost-Unternehmen Frosta bezüglich des Verkaufs der italienischen Tiefkühlsparte steht.

Zudem lösen Nestlé und Coca-Cola ein seit 15 Jahren bestehendes Joint Venture für Eistee per Anfang 2018 auf (kommuniziert Anfang März). Das Joint Venture mit dem Namen Beverage Worldwide Partners (BPW) wurde 2001 gegründet und bietet vor allem die Marke Nestea in Kanada und Europa an. Der Trend im Eistee-Bereich, ein Markt mit einem Volumen von 4,5 Mrd USD, geht laut Nestlé in Richtung von mehr Gesundheit, deshalb wurde die Marke und der Vertrieb neu aufgestellt.

II) Beim Nahrungsmittelgiganten ging vor kurzem eine Ära zu Ende: Nach mehr als zwei Jahrzehnten wurde Peter Brabeck am 6. April an seiner letzten Generalversammlung als Verwaltungsratspräsident verabschiedet. Insgesamt arbeitete der Österreicher mit Schweizer Pass beinahe 50 Jahre lang für Nestlé. Der 72-Jährige übergab sein Amt an den Belgier Paul Bulcke, der Brabeck 2008 als Konzernchef gefolgt war. Zu Bulckes Nachfolger wurde bereits vor einiger Zeit der Deutsch-Amerikaner Mark Schneider ernannt.

AKTIENKURS: Die Nestlé-Aktie hat sich im bisherigen Jahresverlauf mehr oder weniger mit dem Gesamtmarkt entwickelt. Beim aktuellen Kurs von 75,45 CHF (Mittwoch 10 Uhr) notiert das Papier knapp 4% höher als Ende 2016 (etwa +7% inkl. Dividende). Das bisherige Jahreshoch war bei 77,65 CHF (30.03.), das -tief bei 71,45 CHF (16.2.). Trotz des tiefen Wachstums befindet sich die Bewertung praktisch auf dem höchsten Stand aller Zeiten. Die hohe Bewertung vertrage denn auch keine Enttäuschung, wird in Analysten-Kommentaren betont.

Homepage: http://www.nestle.com

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