MÜNCHEN (dpa-AFX) - Der Autobauer BMW hat bereits die Zahlen für das vergangenen Jahr vorgelegt - und angesichts hoher Kosten für neue Technik und einer milliardenschweren Kartellrückstellung bleibt auch für die Anleger weniger Dividende übrig. Doch deren große Sorgen drehen sich um die Coronavirus-Pandemie. Der seit August amtierende Oliver Zipse ist als Konzernchef nun sofort als Krisenmanager gefordert, wenn BMW an diesem Mittwoch den Ausblick auf das laufende Jahr vorstellt.

WAS IM UNTERNEHMEN LOS IST:

Derzeit überstrahlen die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie die Zahlen des vergangenen Jahres. Das vierte Quartal zeigte zwar wie auch schon das dritte im Tagesgeschäft nach oben - doch das dürfte dem Konzern in der derzeitigen Situation nur spärlich helfen. Zuletzt hatten die Münchener noch gesagt, es sei zu früh für wirklich aussagekräftige Abschätzungen der Situation. Die chinesischen Werke laufen zwar weitgehend wieder und auch die Mehrzahl der Händler hat wieder geöffnet. Auch bei BMW ist China der mit Abstand wichtigste Einzelmarkt.

Doch ob die chinesischen Kunden nach dem großen Zusammenbruch des Marktes im Februar wieder zum Autokauf zurückkehren und wie sich die Krise in Europa auswirkt, das steht zunehmend in den Sternen. Der Konzern fährt auf kurze Sicht, ob er um Produktionsunterbrechungen schon zum Schutz der Mitarbeiter herumkommt, ist fraglich. Volkswagen und die meisten anderen europäischen Autokonzerne fahren viele Werke auf dem Kontinent angesichts der Beschränkungen im Alltagsleben derzeit herunter.

Zipses Aufgabe ist ohnehin nicht einfach: Der neue Vorstandschef will und soll die Strategie des Konzerns in den Fragen der Elektromobilität offensiver vertreten als sein Vorgänger Harald Krüger. Zuletzt war BMW bei Elektroautos trotz seiner frühen Bemühungen mit dem Kleinwagen i3 scheinbar ins Hintertreffen geraten, da vor allem VW in diesem Jahr in großem Stil mit Elektromodellen auf den Markt prescht. Doch Zipse baut auf die Verkaufserfolge mit den eigenen E-Autos, auch wenn weitere Elektromodelle wie der vollelektrische SUV iX3 und der "Tesla-Fighter" i4 erst vergleichsweise spät auf den Markt kommen.

Wichtig ist das Elektroangebot vor allem, weil den Autobauern ab diesem Jahr Milliardenstrafen drohen, wenn sie die CO2-Emissionen ihrer verkauften Neuwagenflotte nicht stark genug senken. Und das geht am einfachsten mit Elektroantrieben - und nach Ansicht von BMW auch mit Plug-in-Hybriden. BMW will den Flottenausstoß von rund 128 Gramm CO2 je gefahrenem Kilometer 2018 im laufenden Jahr um 20 Prozent drücken. Dass BMW die Ziele reißt und zahlen muss, schließt Zipse aus: "Ich kann ihnen und unseren Kunden versichern: Wir werden die harten europäischen CO2-Ziele 2020 und 2021 erfüllen", sagte er vergangene Woche.

WAS ANALYSTEN SAGEN:

Zuletzt enttäuschten Branchenkollegen wie Daimler und vor allem der Zulieferer Continental mit trüben Aussichten die Anleger. BMW-Finanzchef Peter vermeidet nach wie vor, den Investoren zu versprechen, ab wann sie wieder mit den früher gewohnten operativen Margen im Automobilbau von über acht Prozent rechnen dürfen.

Zuletzt - vor der Vorlage der Eckdaten 2019 und vor allem vor der Zuspitzung der Coronavirus-Krise - rechneten die Analysten noch mit einem weiteren knappen Umsatzanstieg 2020, das Vorsteuerergebnis und das Ergebnis vor Zinsen und Steuern sollten wieder spürbar zulegen. Spannend wird für die Experten, wie das Management vor allem die Risiken nun einschätzt.

Von den zwölf Analysten aus dem dpa-AFX-Analyser, die sich in diesem Jahr zur Aktie geäußert haben, raten acht zum Halten der Aktie. Drei raten zum Kauf des Papiers, lediglich die Experten von Kepler Cheuvreux raten zum Abstoßen. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 62,40 Euro - nach dem Kurssturz der vergangenen Wochen sind das gut zwanzig Euro mehr als die Stammaktie aktuell wert ist.

Für die in der vergangenen Woche vorgelegten Zahlen zum vierten Quartal bekam BMW immerhin noch viel Lob. Der solide Charakter des Geschäfts der Münchner sei unterstrichen worden, schrieb Tim Rokossa von der Deutschen Bank.

Der Free Cashflow sei unerwartet stark ausgefallen, die Marge hingegen wie prognostiziert, urteilte UBS-Experte Patrick Hummel. Das operative Ergebnis im vierten Quartal sei um elf Prozent über der Konsensschätzung geblieben, schrieb Analyst George Galliers von Goldman Sachs.

SO LIEF DIE AKTIE ZULETZT:

Die BMW-Stammaktie hat zuletzt stark unter der wieder schwächeren Branchenstimmung und den Markt-Auswirkungen der Lungenkrankheit Covid-19 gelitten. Zog das Papier vom Tief im vergangenen August von gut 58 Euro im Dezember bis auf über 77 Euro an, ist es am Dienstag bis auf unter 40 Euro abgestürzt. So tief stand die Aktie viele Jahre nicht.

Vom Rekordhoch bei fast 124 Euro im Frühjahr 2015 ist BMW damit weit entfernt. Rund 47 Prozent der Anteile gehören den Erben der Industriellenfamilie Quandt, Susanne Klatten und ihrem Bruder Stefan Quandt. Sie geben in München auch weiterhin die Richtung bei den wichtigen strategischen Entscheidungen vor./men/eas/he