MÜNCHEN (dpa-AFX) - Auch der Autobauer BMW ringt mit der Coronavirus-Krise. Zuerst war China betroffen, mit etwas Verzögerung standen dann aber auch in Europa und Nordamerika die Werke still, Autohändler hatten wochenlang geschlossen. Die Konkurrenz hat schon berichtet, wie sehr die Geschäfte leiden und weiter leiden werden - nun ist an diesem Mittwoch (6. Mai) auch BMW-Chef Oliver Zipse am Zug.

WAS IM UNTERNEHMEN LOS IST:

BMW hat entgegen der direkten Konkurrenz von Daimler und Volkswagen bisher sowohl auf Eckdaten zum ersten Quartal als auch auf Abstriche an der Jahresprognose verzichtet. Die Münchener hatten den Vorteil, ihren Ausblick erst relativ spät Mitte März - und damit auf dem Höhepunkt des Corona-Crashs an den Börsen - zu veröffentlichen. Und sie hatten auch da schon eine Produktionspause von vier Wochen eingeplant, aus der nun rund sechs Wochen wurden, während VW und Daimler ursprünglich mit etwas weniger Auszeit gerechnet hatten.

Insofern wird die Sicht aufs des Gesamtjahr auch bei den BMW-Anlegern erneut in den Fokus rücken. Die Konkurrenz aus Wolfsburg und Stuttgart war im ersten Quartal noch an roten Zahlen vorbeigeschrammt, stellte aber die Öffentlichkeit auf Verluste im zweiten Quartal ein. Auch bei BMW ist der Monat April ein verlorener Zeitraum gewesen und der Anlauf an den Märkten wird wohl etwas Zeit brauchen, weswegen das zweite Quartal noch deutlich stärker betroffen sein dürfte als der Jahresbeginn.

Bei BMW sackte schon zwischen Januar und März der weltweite Verkauf um ein gutes Fünftel auf gut 477 000 Autos ab. Auch bei der lukrativen Stammmarke allein waren es 20 Prozent weniger Autos. Insbesondere im wichtigsten Einzelmarkt China rutschten die Auslieferungen ab. Das schlägt sich aber nicht in Umsatz und operativem Ergebnis nieder, weil das Chinageschäft bei BMW erst über das Finanzergebnis einfließt. Immerhin könnte BMW im ersten Quartal einen Gewinnanstieg vermelden - das dürfte aber nur daran liegen, dass im Vorjahreszeitraum 1,4 Milliarden Euro Rückstellung für eine mögliche Kartellstrafe fällig wurden.

In den Sternen steht derzeit vor allem, wie schnell die Kundschaft angesichts der erwarteten schweren Rezession in vielen Weltregionen wieder zu "business as usual" zurückkehrt - also wieder auf normalem Niveau Autos kauft. Derzeit kämpft die Autoindustrie in Deutschland um eine staatliche Förderprämie zum Kauf von Autos, um die Nachfrage wieder anzuschieben. Ob das allein BMW nennenswert helfen würde, ist fraglich: Im Heimatland hat BMW vergangenes Jahr gut 330 000 Autos verkauft - 13 Prozent von insgesamt 2,54 Millionen weltweit. Allerdings setzen die Autobauer auch auf staatliche Konjunkturprogramme in China und Nordamerika.

Stärker in den Hintergrund rückt angesichts der Krise derzeit die von den Behörden auferlegte Senkung der CO2-Flottenemissionen, weswegen die Branche in diesem Jahr mehr Elektroautos verkaufen muss, was zusätzlich ins Geld geht. Vorstandschef Zipse hatte im März versichert, dass BMW die CO2-Abgasgrenzwerte der EU in diesem und dem kommenden Jahr einhalten wird. Vergangenes Jahr waren die CO2-Flottenwerte bei BMW nur um ein Gramm auf 127 Gramm CO2 je gefahrenem Kilometer gesunken. Dieses Jahr soll der für mögliche Strafen relevante Wert aber um rund 20 Prozent gesenkt werden und damit im erlaubten Rahmen liegen.

WAS ANALYSTEN SAGEN:

Angesichts des Kursverfalls rät derzeit keine im dpa-AFX seit dem Corona-Börsencrash erfasste Analystenstimme zum Verkauf der im Dax notierten BMW-Stammaktie. sieben Experten raten zum Kauf, fünf zum Halten des Titels. Das durchschnittliche Kursziel liegt mit rund 54 Euro aber fast genau auf dem derzeitigen Kursniveau.

Ob die Autonachfrage von einem durch die Corona-Krise ausgelösten Trend hin zu mehr Individualität und weniger Abnutzung nachhaltig profitieren könne, müsse sich erst noch zeigen, schrieb Deutsche-Bank-Analyst Gaetan Toulemonde kürzlich. Derweil gebe es in China erste positive Anzeichen einer wieder anziehenden Nachfrage, während es in anderen Regionen noch eher trübe aussehe.

JPMorgan-Analyst Jose Asumendi machte den Anlegern wenig Hoffnung auf schnelle Besserung. Das zweite Quartal dürfte für die Industrie wegen der Coronakrise dramatisch ausfallen. Die zeitlich noch unklare Markterholung werde von China ausgehen, dann Europa erreichen und am Ende stehe Nordamerika, schrieb er schon vor einigen Wochen.

Die Münchener könnten beim operativen Gewinn (Ebit) besser abschneiden als gegenwärtig erwartet, schrieb Goldman-Sachs-Analyst George Galliers Ende April. Denn die Umsätze im Autosegment könnten sich zuletzt gut entwickelt haben.

SO LIEF DIE AKTIE ZULETZT:

Die BMW-Stammaktie hat sich zuletzt vom Corona-Crash seit dem 24. Februar wieder etwas erholt. Zog das Papier vom Tief im vergangenen August von gut 58 Euro im Dezember bis auf über 77 Euro an, liegt es nun bei fast 53 Euro. In diesem Jahr bedeutet das immer noch ein Minus von knapp 28 Prozent. Seitdem die Pandemie den Aktienmarkt erstmals richtig erfasst hat, steht ein Wertverlust von 18 Prozent zu Buche.

Damit schlägt sich BMW in diesem Zeitraum etwas besser als Erzrivale Daimler. Die Aktionäre der Stuttgarter beklagen im laufenden Jahr ein Minus von 38 Prozent, seit dem Corona-Crash allein sind es 28 Prozent. Aktuell liegt BMW mit einem Marktwert von gut 34 Milliarden Euro leicht über Daimler (33 Mrd). Zum Vergleich: Der US-Elektroautobauer Tesla ist derzeit 141 Milliarden US-Dollar schwer, umgerechnet rund 129 Milliarden Euro. Damit sind die Kalifornier in etwa soviel wert wie alle drei deutschen Autokonzerne zusammen, inklusive des weltgrößten Autobauers Volkswagen (63,6 Mrd Euro).

Vom Rekordhoch bei fast 124 Euro im Frühjahr 2015 ist die BMW-Aktie ohnehin weit entfernt. Rund 47 Prozent der Anteile gehören den Erben der Industriellenfamilie Quandt, Susanne Klatten und ihrem Bruder Stefan Quandt. Sie geben in München auch weiterhin die Richtung bei den wichtigen strategischen Entscheidungen vor./men/ssc/he