- von Tom Käckenhoff

Der Aufsichtsrat bestellte am Montag seine bisherige Vorsitzende Martina Merz für bis zu zwölf Monate zur Vorstandschefin. Sie tritt damit die Nachfolge des glücklosen Guido Kerkhoff an, für dessen Abgang sich in der vergangenen Woche das Präsidium und der Personalausschuss ausgesprochen hatte. "Im neuen Vorstandsteam werden wir mit der erforderlichen Konsequenz die strukturellen Entscheidungen treffen, die jetzt anstehen", kündigte Merz an. Der nordrhein-westfälische IG Metall-Chef Knut Giesler forderte die neue Führung auf, ihre Strategie nicht einseitig an den Interessen der Aktionäre auszurichten. Beim Verkauf der lukrativen Aufzugssparte müsse der Konzern zudem die Mehrheit behalten.

Der langjährige Finanzchef Kerkhoff war im Sommer 2018 nach dem überraschenden Rücktritt von Heinrich Hiesinger zum neuen Vorstandsvorsitzenden ernannt worden, nachdem die Suche nach eine anderen Kandidaten erfolglos geblieben war. Er hatte mit einem Zick-Zack-Kurs bei der Strategie und Prognosesenkungen das Vertrauen wichtiger Investoren verloren. "Mein Ziel war immer, Thyssenkrupp wieder erfolgreich zu machen. Es war deshalb für mich im vergangenen Jahr selbstverständlich, in einer besonders schwierigen Zeit Verantwortung für das Unternehmen zu übernehmen", betonte er zum Abschied. Neu in den Vorstand wurde Klaus Keysberg bestellt, der die Verantwortung für das Stahlgeschäft trägt. Die Führungsrolle von Merz im Aufsichtsrat übernimmt der frühere Siemens-Manager Siegfried Russwurm, der auch schon als Nachfolger Hiesingers gehandelt wurde.

IG METALL STREBT NACH GARANTIEN FÜR JOBS UND STANDORTE

Thyssenkrupp steckt in der größten Krise seiner Unternehmensgeschichte. Der Konzern macht hohe Verluste, die Schulden steigen, die Aktie hat deutlich an Wert verloren und hinter den Kulissen ringen die Großaktionäre Krupp-Stiftung, der schwedische Finanzinvestor Cevian und die Arbeitnehmervertreter um Einfluss. Cevian hatte den Führungswechsel ebenso begrüßt wie die Stiftung. "Das Anliegen der Stiftung ist es, Anteilseignerin eines wettbewerbs- und dividendenfähigen Unternehmens mit zukunftssicheren Arbeitsplätzen zu sein", erklärte diese am Montag. Sie sei sich der herausfordernde Lage des Unternehmens bewusst." Wir stehen fest an der Seite des Thyssenkrupp-Managements und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und sind nach wie vor vom Potenzial des Unternehmens überzeugt."

Der nordrhein-westfälische IG Metall-Chef Giesler zeigte Verständnis für den Führungswechsel. "Wenn ein Vorstandschef von den Anteilseignern keine Rückendeckung mehr hat, dann muss man reagieren. Ohne diese Rückendeckung kann man einen Konzern mit 160.000 Beschäftigten nicht führen", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Es sei klar, dass es Restrukturierungen geben müsse, dabei dürften die Beschäftigten und Standorte aber nicht auf der Strecke bleiben. "Ein einfaches Weiter so kann es nicht geben", forderte Giesler. Seit der Ankündigung des Umbaus im Mai habe man dazu aber nicht mehr viel gehört. "Jetzt müssen die Pläne auf den Tisch, so dass man darüber reden kann, wie man sie umsetzt." Nach bisheriger Planung wollte der Vorstand im Oktober dazu mehr sagen.

Beim Börsengang oder Verkauf der lukrativen Aufzugssparte müsse zudem eine Mehrheit der Anteile im Konzern bleiben, um diesen abzusichern, forderte der Gewerkschafter, der auch Vize-Chef des Aufsichtsrats von Thyssenkrupp Elevator ist. "Eine Sonderdividende kommt für uns überhaupt nicht in Frage."