FRANKFURT (dpa-AFX) - Steinhoff galt einst als Ikea Südafrikas. Inzwischen ist das Handelsunternehmen mit niederländischer Rechtsform und operativem Sitz in Südafrika von Skandalen erschüttert und die Aktie nur noch ein Schatten ihrer selbst. Wie ist die aktuelle Lage bei Steinhoff, was sagen Analysten und wie steht es um die Anteilsscheine?

DIE LAGE BEI STEINHOFF:

Aufgeblähte Bilanzen, gierige Manager und höchst fragwürdige Geschäfte - damit hat Steinhoff das Zeug zum Wirtschaftskrimi. Seit Ende 2017 Unregelmäßigkeiten in den Büchern von Steinhoff publik wurden, vergeht kaum eine Woche ohne Schlagzeile. Und so mancher fragt sich, wie lange der Handelskonzern noch überleben wird.

Die Hoffnungen waren groß, als das Unternehmen, das hierzulande durch die Möbelkette Poco bekannt ist, Ende 2015 an die Frankfurter Börse ging. Sich selbst verkaufte Steinhoff gern als Wachstumsstory. Das beruhte auch auf der aggressiven Expansionspolitik des damaligen Vorstandschefs Markus Jooste, der über Jahre hinweg ein Sammelsurium an Firmen quer über den Globus verteilt zusammenkaufte. Zu den prominentesten Beispielen zählen der französische Möbelhändler Conforama, die britische Billigkette Poundland oder der Matratzenhersteller Mattress Firm aus den USA.

Dass im Steinhoff-Imperium offenbar nicht immer alles mit rechten Dingen zuging, wurde spätestens im Dezember klar, als Unregelmäßigkeiten in den Büchern bekannt wurden. Zwar hatte bereits zuvor die Staatsanwaltschaft Oldenburg gegen den Konzern ermittelt. Doch als dann Ende 2017 die Wirtschaftsprüfer die Jahresergebnisse nicht mehr testieren wollten, brachen die Dämme. Der Aktienkurs rutschte ins Bodenlose, Manager mussten gehen, darunter Unternehmenschef Markus Jooste und Chefaufseher Christo Wiese.

Da der Konzern zugleich auf Milliardenschulden sitzt, wurden die Kreditgeber nervös. Die Verhandlungen mit den Banken gerieten für den neuen Konzernchef Danie van der Merwe zur Belastungsprobe. Um die Investorennerven zu beruhigen, schlug die Steinhoff-Führung Beteiligungen los, um Geld in die klamme Kasse zu spülen. Erst diese Woche verkaufte Steinhoff seine Anteile an der Afrika-Tochter Star für gut eine viertel Milliarde Euro. Das Unternehmen, in dem etlichen Handelsketten sowie Finanzdienstleitungen gebündelt sind, hatte Steinhoff erst im September an die Börse gebracht.

Das Ende der Misere ist damit noch längst nicht erreicht: Die Untersuchungen gegen Steinhoff dauern an. Immer neue, fragwürdige Finanzierungen kommen ans Licht. So soll nun Wiese in seiner Zeit bei Steinhoff versucht haben, eigene Verbindlichkeiten durch die Firma decken zu lassen. Wiese bestreitet das.

Ungemütlich dürfte daher die Hauptversammlung am 20. April in Amsterdam werden. Zumal Steinhoff vorhatte, seine Manager und Aufseher mit großzügigen Bonuszahlungen zu bedenken. Angesicht einer Vernichtung von über 90 Prozent des Börsenwertes ein fragwürdiges Unterfangen, fanden Südafrikas Parlamentarier und schoben dem einen Riegel vor. Der Punkt wurde daher nicht auf die Tagesordnung genommen.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

"Finger weg" lautet das vielerorts das Urteil. Einige Experten haben ihre Bewertung für Steinhoff-Aktien inzwischen eingestellt. Als eines der letzten Analysehäuser hatte sich RBC Capital Anfang März mit der Aktie befasst. Steinhoff hatte zuvor untestierte Zahlen für das erste Geschäftsquartal 2017/2018 vorgelegt. Die Bank stuft die Papiere daraufhin weiter als hochspekulativ ein. Ein vorläufiges Zahlenwerk trage nicht zur Beruhigung bei, wenn zugleich der Ausgang des Bilanzskandals und das Ausmaß der ausstehenden Verbindlichkeiten noch völlig unklar seien, hieß es.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Schon der Start an der der Frankfurter Börse im Dezember 2015 stand unter keinem guten Stern. Die Steinhoff-Papiere, die ebenfalls an der Börse in Johannesburg gelistet sind, gerieten just vor dem Debüt in Frankfurt in Südafrika deutlich unter Druck. Grund war eine Razzia bei der deutschen Tochter Steinhoff Europe Group Services GmbH.

Nach ihrem Xetra-Start bei 4,971 Euro kletterten sie bis zum August des Folgejahres auf 6,161 Euro - wie es jetzt aussieht, ein Höchststand für die Ewigkeit. Seither ging es für die Papiere nämlich kontinuierlich bergab, erdrutschartig beschleunigte sich der Fall im Dezember vergangenen Jahres. Die Papiere wurden zum Pennystock, der im April dieses Jahres mit 0,139 Euro seinen vorläufigen Tiefststand erreichte./she/ag/jsl