Winterthur (awp) - Rieter-Grossaktionär Luc Tack hat seine Beteiligung am Winterthurer Spinnereimaschinenhersteller ausgebaut trotz seines Abgangs aus dem Verwaltungsrat im Streit. Tack hält nun einen Anteil von 15,02 Prozent am Traditionskonzern, nachdem er zuvor 11,69 Prozent besessen hatte.

Tack besitzt 701'835 Namenaktien von Rieter, wie aus einer Beteiligungsmeldung an die Schweizer Börse SIX vom Donnerstag hervorgeht. Der Belgier war erst im März zum zweitgrössten Rieter-Aktionär nach Stadler-Patron Peter Spuhler (22,07%) aufgestiegen, als er den 11,516-Prozent-Anteil des Aargauer Industriellen Michael Pieper übernommen hatte.

Zoff im Verwaltungsrat

Im Sommer kam es dann zum Zoff zwischen Tack und der Rieter-Spitze: Der Konzern hatte gegen seine beiden Verwaltungsräte Tack und Stefaan Haspeslagh Mitte August Strafanzeige eingereicht, weil sie verwaltungsratsinterne Informationen missbraucht haben sollen. Rieter hatte seinerzeit drei Teilbereiche von Saurer gekauft.

Die Picanol-Gruppe, deren Mehrheitsaktionär und Konzernchef Luc Tack ist, hatte mit diesem Wissen eine eigene Offerte eingereicht. Damit hätten die Verwaltungsräte die von Rieter geführten Verhandlungen konkurriert, argumentierte Rieter. Der Konzern wollte eine ausserordentliche Generalversammlung einberufen, die über den Rausschmiss von Tack und Haspeslagh aus dem Führungsgremium von Rieter befinden sollte. Haspeslagh ist Finanzchef und Verwaltungsratspräsident der belgischen Industriegruppe.

Bevor es zum Showdown vor den Aktionären kam, traten die beiden Verwaltungsräte Ende August zurück. Rieter teilte daraufhin den Strafverfolgungsbehörden mit, dass kein Interesse mehr an der Fortführung des Verfahrens bestehe. Der Konzern begrüsste, "dass im Interesse von Rieter und Picanol, die beide zu den weltweit führenden Textilmaschinenherstellern zählen, eine gemeinsame Lösung gefunden wurde".

"Bestätigung unseres Vertrauens in Rieter"

Seither bestand Unklarheit darüber, ob Tack und Haspeslagh auch die Beteiligung an Rieter veräussern würden oder ob sogar eine Vorwärtsstrategie gewählt wird. Mit der jetzigen Meldung der Beteiligungserhöhung sei die Unsicherheit über der Rieter-Aktie weg, kommentierte ZKB-Analyst Walter Bamert: "Nun stellt sich die Frage, ob es sich um eine rein finanzielle Beteiligung handelt oder ob und wie zügig Picanol die strategische Absicht einer Zusammenführung ihrer Webmaschinen mit dem Spinnereiunternehmen Rieter verfolgt."

Ein Sprecher von Picanol wollte diese Frage auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP nicht beantworten. "Der Kauf der zusätzlichen Aktien ist eine Bestätigung unseres Vertrauens in Rieter", erklärte er bloss. Und: "Wir werden vorerst keine weiteren Kommentare abgeben."

An der schwachen Schweizer Börse stand die Rieter-Aktie am Donnerstagvormittag zeitweise im Plus, gegen Mittag verliert sie aber 1,0 Prozent und notiert damit im Rahmen des Gesamtmarktes.

jb/rw