ESSEN (dpa-AFX) - Der erst wenige Wochen amtierende Thyssenkrupp-Chef Guido Kerkhoff steht vor einer schwierigen Bilanzvorlage. Bereits zwei Mal musste der Nachfolger des im Sommer überraschend zurückgetretenen Vorstandsvorsitzenden Heinrich Hiesinger die Prognose nach unten korrigieren - zuletzt knapp zwei Wochen vor der an diesem Mittwoch (21. November) geplanten Vorstellung der Ergebnisse für das abgelaufene Geschäftsjahr 2017/2018 (30.9.).

Zur Begründung für die erneut gekappte Prognose hatte der Konzern unter anderem auf Rückstellungen für Kartellrisiken hingewiesen. Wegen der neuen Belastungen rechnet Thyssenkrupp für das abgelaufene Jahr nur noch mit einem geringen Überschuss von 100 Millionen Euro nach 271 Millionen Euro im Vorjahr.

Das Ermittlungsverfahren wegen möglicher Kartellabsprachen bei Stahlpreisen könnte auch Folgen haben für die Abfindung des früheren Vorstandschefs Heinrich Hiesinger. "Das sind Themen aus der Zeit vor Heinrich Hiesinger, die mit seiner Rolle nichts zu tun haben", sagte Compliance-Vorstand Donatus Kaufmann zwar der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Samstag). "Trotzdem wird die Rückstellung, anders als üblich, Auswirkungen auf die Abfindung von Heinrich Hiesinger haben." Der im Sommer zurückgetretene Thysssenkrupp-Chef habe selbst Wert darauf gelegt, dass die Konzernrisiken bei der Berechnung seiner Abfindung voll berücksichtigt würden.

"Zahlen schlecht, Aussichten unklar", so fasste Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) die Lage zusammen. Andere Analysten bescheinigten dem Industriekonzern, dessen Aktie nach der neuerlichen Gewinnwarnung zeitweise auf einen seit Jahren nicht mehr erreichten Tiefstand abgesackt war, eine "glanzlose Gewinnentwicklung".

Sorgenkinder des Konzerns sind unter anderem die mit Qualitätsproblemen kämpfende Komponentensparte und der Anlagenbau. Kern der von Kerkhoff nach seinem Amtsantritt vorgelegten Strategie ist die Aufspaltung des Konzerns mit der Einbringung des Stahlgeschäfts in ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem indischen Konkurrenten Tata. Allerdings haben die EU-Wettbewerbshüter bereits Bedenken gegen das Geschäft mit Tata angekündigt und eine eingehende Prüfung des geplanten Zusammenschlusses in Aussicht gestellt./uta/mov/DP/he