Zürich (awp) - Der Spezialchemiekonzern Clariant meldet Fortschritte beim geplanten Verkauf seiner Division Masterbatches. Die Verkaufsgespräche befänden sich auf der Zielgeraden, sagte Clariant-Chef Hariolf Kottmann in einem Interview mit der "NZZ am Sonntag".

Allerdings schränkte er ein: "Leider ist es nicht wie beim 400-Meter-Lauf: Die Zielgerade kann lang und länger werden..." Clariant plant, die Divisionen Masterbatches und Pigmente bis Ende 2020 zu verkaufen. Dazu, ob der wirtschaftliche Abschwung Clariant dabei einen Strich durch die Rechnung machen könnte, sagte Kottmann: "Das ist schwer zu sagen." Masterbatches werde man rechtzeitig veräussern können. Der Verkauf der Pigmente sei im Verlauf von 2020 geplant.

Verkaufserlös von rund 2,5 Mrd angepeilt

Anfang Oktober hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet, dass Clariant mit dem US-amerikanischen Spezialitätenhersteller PolyOne Corp in Gesprächen über einen Verkauf von Masterbatches sei. Der von Clariant angestrebte Erlös für das Geschäft liege bei 1,5 Milliarden US-Dollar, so die Agentur, welche sich dabei auf in die Sache eingeweihte Personen berief.

Diese Summe sei von Konzernkreisen bestätigt worden, berichteten nun die Tamedia-Medien am Samstag. Für den Bereich Pigmente wolle Clariant weiter rund eine Milliarde Dollar einnehmen. Für beide zum Verkauf stehenden Sparten gäbe es jeweils mehrere Interessenten, hiess es weiter.

Schrumpfen und sparen

Statt zu wachsen, soll Clariant vorerst kleiner und profitabler werden, wie Kottmann im "NZZ am Sonntag"-Interview weiter sagte. Herauskommen solle eine Firma mit 5 Milliarden Franken Umsatz in den drei bestehenden Arbeitsgebieten. 2018 machte das Unternehmen einen Umsatz von 6,6 Milliarden. Zudem stehe ein Sparprogramm an. "Wir planen aber kein Vorgehen mit dem Rasenmäher."

Frühere Pläne hatten vorgesehen, dass Clariant das Masterbatch-Geschäft mit hochwertigen Materialien in ein Gemeinschaftsunternehmen mit Hauptaktionär Sabic einbringt und daran die Mehrheit übernimmt. Sabic hätte Teile seines Spezialchemiegeschäfts eingebracht. Mit diesem Deal wäre Clariant gewachsen und hätte bis 2021 einen Umsatz von rund 9 Milliarden Franken erzielen sollen. Doch die Pläne wurden Ende Juli abgeblasen.

"Im Zuge der Buchprüfung fanden wir den Preis, gemessen an der Leistung, deutlich zu hoch", sagte Kottmann im Interview. "Viele Produkte passen auch nicht zu uns." Auf die Frage, warum er das nicht früher erkannt habe, erklärte er: "Das haben wir uns auch gefragt." Sie seien euphorisch gewesen, nach langer Suche mit Sabic endlich einen Ankeraktionär gefunden zu haben und den Angriff der Aktivisten White Tale abgewehrt zu haben. "Die Synergien haben sich jedoch als geringer herausgestellt als erwartet."

20 CEO-Kandidaten

Selbstkritik zeigte Kottmann auch bei der Besetzung des CEO-Postens. Am Tag, bevor das Scheitern der Pläne zum Joint-Venture mit Sabic bekannt gegeben wurde, hatte der damalige Clariant-Chef Ernesto Occhiello den Hut genommen. Occhiello war vom neuen Grossaktionär aus Saudi-Arabien installiert worden. Nach dessen Abgang übernahm Verwaltungsratspräsident Kottmann sein altes Amt als CEO wieder interimistisch.

Die letzte Personalentscheidung sei atypisch gefallen, so Kottmann nun. "Alle waren einverstanden mit Herrn Occhiello, weshalb er nicht den üblichen Bewertungsprozess durchlief." Niemand habe erwartet, dass er sich nach neun Monaten wieder verabschiede. Im Moment habe Clariant eine Liste mit 20 Kandidaten, auf der auch Frauen stünden. "Das Ziel ist, im Januar erste Vorstellungsgespräche zu führen, wobei Vertreter von Sabic einbezogen sein werden." Wie lange die Suche dauere, sei schwer abzuschätzen.

Anfangs habe es Irritationen gegeben, wie die Suche ablaufen sollte. So hatte Sabic einen eigenen Headhunter engagiert. "Sabic fürchtete wohl, übergangen zu werden", sagte Kottmann. Diese Sorge habe man ausräumen können und suche nun wieder gemeinsam.

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