BREMEN (dpa-AFX) - Der aktivistische Investor Guy Wyser-Pratte hat das Luft- und Raumfahrtunternehmen OHB ins Visier genommen. In einem am Donnerstag veröffentlichten Brief an den Vorstandsvorsitzenden Marco Fuchs stellte er die Führungstruktur des Bremer Familienunternehmens in Frage und forderte zudem eine Diskussion über die künftige Strategie. Die Aktie sprang daraufhin an und gewann am Mittag 3,6 Prozent auf 31,88 Euro. Zwischenzeitlich lag das Plus bei mehr als 4 Prozent.

Wyser-Pratte wolle ein Nachdenken über Wertschöpfung und die zukünftige Strategie anstoßen, hieß es in dem Brief. Auch könne das volle Potenzial eines Unternehmens nur dann gehoben werden, wenn die Interessen des Managements mit denen aller Aktionäre übereinstimmten, auch der Minderheitsaktionäre. In dem mehrseitigen Brief stellte Wyser-Pratte dem Management eine ganze Reihe von Fragen, die sich um das Thema Transparenz und Unabhängigkeit der Gremien drehen.

OHB befindet sich zu knapp 70 Prozent in Hand der Familie Fuchs, weniger als 30 Prozent der Aktien sind im Streubesitz. Die Familie führt nicht nur durch Marco Fuchs den Vorstand, sondern sitzt auch in Person von Fuchs' Mutter Christa dem Aufsichtsrat vor. Dies wird durch den Investor anhand mehrerer Fragen unterschwellig kritisiert.

Auch Fragen zu der zukünftigen Strategie stellt der Investor, der eigenen Angaben zufolge seit Oktober 2015 für seine Kunden Aktien an OHB hält und so zum zweitgrößten Nicht-Familien-Aktionär bei OHB aufgestiegen ist. Er sieht dabei etwa die Satellitenindustrie vor einer großen Zukunft und fragt, wie OHB daran teilhaben werde. Auch legt er dem Vorstandsvorsitzenden die Übernahme des italienischen Raumfahrtunternehmens Avio mit einer aktuellen Marktkapitalisierung von 350 Millionen Euro ans Herz.

Ein OHB-Sprecher kündigte an, dass der Konzern die Fragen prüfen und zeitnah beantworten werde. Der Konzern baut unter anderem Satelliten und ist größter deutscher Zulieferer des Raketenprogramms Ariane-5. Auch in der bemannten Raumfahrt ist OHB aktiv. Zuletzt hatte das Unternehmen für das erste Halbjahr Zuwächse bei Umsatz und Gewinn sowie einen höheren Auftragsbestand gemeldet.

Wyser-Pratte ist in Deutschland kein Unbekannter. Der US-Investor hat sich bereits in mehrere Firmen eingekauft und dort versucht, massive Umbauten vorzunehmen, um die Aktien mit Gewinn wieder zu verkaufen. In Deutschland war er zum Beispiel zeitweise bei Stada, Kuka oder Rheinmetall aktiv./nas/she/fbr